„Unmögliches wird sofort erledigt; Wunder dauern etwas länger.“ An diesen Ausspruch musste ich in den letzten Tagen mehrfach denken im Hinblick auf den Papstbesuch in Israel und bei den Palästinensern. Die Erwartungen an das Oberhaupt der katholischen Kirche waren hoch; und sie waren oft völlig konträr.
Dies konnte nicht anders sein, wagte sich der Papst doch auf das Minenfeld eines schon lange währenden militärischen Konflikts. Dieser Besuch darf wohl mit recht als die heikelste Aufgabe des bisherigen Pontifikates Benedikts XVI. bezeichnet werden.
Wie unterschiedlich die Erwartungshaltungen auf israelischer und auf palästinensischer Seite sind, macht das Doppelinterview deutlich, das das Vatican-Magazin mit den Vertretern beider Botschaften beim Vatikan führte. Beiden ist klar, daß der Papst seine Botschaft nicht auf die religiöse Thematik beschränken würde, sondern als „Botschafter des Friedens“ auftreten will.
Jeder versucht, den Papst aus seine Seite zu ziehen
Wie aber dieser Friede geschaffen werden kann und wie eine künftige Koexistenz zweier souveräner Staaten aussehen sollte, darüber gingen die Meinungen doch sehr auseinander. Wie so oft bei Konflikten versuchte auch hier jeder den Vertreter der Kirche auf seine Seite zu ziehen.
Nochmals erschwert wurde das Wirken des Papstes durch die Erwartungen der Presse hierzulande. Viele lauerten nur darauf, dem Papst irgendwelche Fehler oder zumindest Unterlassungssünden nachzuweisen. Auch schienen Nachhilfestunden in „political correctness“ für den Papst dringend erforderlich. Dementsprechend fiel dann auch das Medienecho nach dem Papstbesuch in Yad Vachem aus.
Vor allem der Zentralrat der Juden sah sich enttäuscht. Waren sich noch die beiden Botschafter einig darüber, im Papst allein das Oberhaupt der katholischen Kirche zu sehen und der Tatsache, daß er ein Deutscher ist, keine weitere Bedeutung beizumessen, so war im Zentralrat die Meinung vorherrschend, wer aus Deutschland komme und zudem noch – wenn auch gezwungenermaßen – Flakhelfer bei den Nationalsozialisten war, von dem müsse mehr erwartet werden.
Die Kritik war vorhersehbar
Dem Papst war es unmöglich, alle Erwartungen zu erfüllen. Die folgende Kritik von verschiedenen Seiten war genau so vorhersehbar, wie im Fußball die Beschimpfungen des Schiedsrichters nach einem turbulenten, wichtigen Länderspiel.
Gibt es auch einen fairen Umgang mit dem Papst und seinem Bemühen, klare Worte zu sprechen und dennoch niemanden zu verletzten, um so die Bereitschaft zum Frieden zu stärken? Wie Shimon Perez in einem Interview der päpstlichen Hauszeitung Osservatore Romano (Donnerstagsausgabe) bekannte, sei der Besuch ganz auf die Zukunft ausgerichtet und habe „die drängendsten Fragen unserer Zeit“ angesprochen.
Noch einen Schritt weiter ging der frühere Redenschreiber von Jitzhak Rabin, Eitan Haber, der in der israelischen Zeitung Jedijot Achronot einen Gastkommentar veröffentlichte mit dem Titel „Wir haben übertrieben“. In ihrer Erwartung an die päpstlichen Reden hätten die Israelis die „Proportionen verloren“. Während viele den Papst kritisieren, zeigt dieser Journalist zumindest ansatzweise auch Selbstkritik.
Der Papst kann immer nur versuchen, die Herzen der Menschen zu bewegen. Bei diesem schwierigen Unterfangen muß allerdings schon jeder Einzelfall als Erfolg gewertet werden. Wer hingegen auf Unmögliches oder Wunder hofft, wird weiter warten müssen.