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Der Antiamerikanismus des „globalen Spießers“

Der Antiamerikanismus des „globalen Spießers“

Der Antiamerikanismus des „globalen Spießers“

 

Der Antiamerikanismus des „globalen Spießers“

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In seinem letzten Beitrag für das Magazin Cicero (10/2009) hat sich der Literaturwissenschaftler Hans Ulrich Gumbrecht, Professor für Komparatistik an der Universität von Stanford, über den angeblichen Antiamerikanismus des sich „liberal“ gebenden „globalen Spießers“ mokiert.

„Diese Schicht und dieser Typus“ weigere sich „trotz der nie revidierten Bewunderung für Barack Obama, ihre Aggressionen von den Vereinigten Staaten auf andere mögliche Antagonisten umzulenken“. „Andere mögliche Antagonisten“ – das sind zum Beispiel Wladimir Putin (vom „globalen Spießer“ als „Staatsmann per se“ gefeiert), Hugo Chávez („Che-Guevara-Ersatz“) oder die Volksrepublik China, in der man die „dominierende Weltmacht der Zukunft“ sehen möchte.

Wer genau ist dieser epidemisch gewordene, „liberale“, „globale Spießer“? Es ist, so belehrt uns Gumbrecht, die „globale Mittelschicht mit hohem Bildungsniveau“ und „ohne finanzielle Sorgen“, die „traditionelle Intellektuellenpositionen“ zu „potenziellen oder schon faktischen Mehrheitspositionen“ gemacht habe.

„Traditioneller Antiamerikanismus“ der Weltöffentlichkeit

Wie erklärt sich Gumbrecht nun die „Obama-Bewunderung“ und den angeblichen „traditionellen Antiamerikanismus“ der „liberalen Weltöffentlichkeit“? Beide Phänomene seien „kompatibel“ geworden, „indem sich die neue Weltöffentlichkeit von einer Verachtung für die (ehemalige) amerikanische Regierung auf eine Haltung herablassender Sorge um die amerikanische Gesellschaft umorientiert hat“.

Gumbrecht wittert dahinter die „unspezifische Faszination am Fall des Giganten“, von ihm als „die penetranteste Form des Ressentiments“ bezeichnet. Als eigentlichen Grund für den Antiamerikanismus aber sieht Gumbrecht, und hier kommen wir wohl zum Kern dieses seltsamen Artikels, Unterschiede zwischen Europa und den USA in den „zentralen Wertsetzungen“ seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges.

Typisch europäisch sind für ihn der De-facto-Pazifismus, die Idee der Umverteilung (= soziale Marktwirtschaft), das Recht auf Schwangerschaftsabbruch, Ablehnung der Todesstrafe. Positionen, die von Europäern als „gegenwärtiger Stand im moralischen Fortschritt der Menschheit“ behauptet würden. Möglicherweise seien die USA, die sich mit der Kombination von „Kapitalismus und parlamentarischer Demokratie“ zur Weltmacht entwickeln konnten, so mutmaßt Gumbrecht, jetzt das Opfer ihrer „mimetischen Rivalen“, die das „ehemalige Vorbild“ nun als „potenzielles Opfer“ des „Hasses der neuen Weltöffentlichkeit“ identifizierten.

Die „unverzichtbare Nation“ muß kleinere Brötchen backen

Einmal abgesehen von den völlig willkürlichen und unbelegten Setzungen, derer sich Gumbrecht hier befleißigt („globaler Spießer“), fällt dessen völliges Absehen von dem immer wieder mit Penetranz hervorgehobenen Selbstverständnis der USA als „unverzichtbare Nation“ und dem daraus abgeleiteten weltweiten Führungsanspruch ins Auge, dessen ranziger, belehrender Moralismus nicht wenig zu dem beigetragen hat, was Gumbrecht „Antiamerikanismus“ nennt.

Nicht nur unter der Regierung von George W. Bush hat der damit verbundene Pan-Interventionismus dazu geführt, daß sich die USA sogar legitimiert fühlten, unter Bruch geltenden Völkerrechts „Präventivkriege“ „im Namen der Menschheit“ gegen als „Weltfeinde“ apostrophierte „Schurken“ wie Saddam Hussein und andere zu führen. Das amerikanische Auserwähltheitsbewußtsein zieht sich bis in die Hollywood-Filmproduktionen hinein, in denen US-Amerikaner gerne als sozialsensible Allesversteher vorgeführt werden, die immer wieder dem Bösen trotzen müssen (zuletzt mit Vorliebe wieder den „Nazis“ und damit „den Deutschen“).

Wenn sie jetzt unter der Regierung Obama aus eigenem Verschulden deutlich kleinere Brötchen backen müssen und weniger lautstark die Welt belehren können, ist eine gewisse Genugtuung durchaus nachvollziehbar. „Globales“, antiamerikanisches „Spießertum“ wittern hier wohl nur jene, die nicht mehr in der Lage sind, ihre offensichtlich ins Gesicht gewachsene US-Brille einmal abzusetzen. Es gibt, so möchte man Gumbrecht zurufen, nicht nur ein „antiamerikanisches“, sondern sehr wohl auch ein „proamerikanisches Spießertum“, dem keine Anbiederung an die Amerikaner und ihren „way of life“ zu peinlich ist.

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