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Marc Jongen, ESN Fraktion

Alltagserlebnisse

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„Vielleicht kommen Sie nächstens besser ohne Kind“, sagte eine Postangestellte neulich mit säuerlichem Grinsen zu mir. Obwohl die Menschen hinter mir in der Schlange lachten, wirklich witzig war ihr Kommentar nicht. Denn die Frau war nicht nur aus Spaß von dem Gekreische unseres Sohnes genervt – sie zeigte dies auch deutlich. 

Selber gereizt, und unter dem Druck der umgebenden Blicke, bleibe ich in solchen Situationen normalerweise nicht gerade sprachlos. Denn so viel „Berliner Schnauze“ beherrsche ich mittlerweile auch. Doch dieses Mal verließ ich die Postfiliale völlig perplex: Ich konnte einfach nicht glauben, mit welcher Offenheit ich gerade Kinderfeindlichkeit erlebt hatte.

Ja, ich gebe es zu, unser Sohn war an diesem Tag wirklich kein Sonnenschein, sondern schrie und kreischte ununterbrochen, während ich versuchte, das Nötigste zu erledigen. Er hatte keinen dritten Keks bekommen und das paßte dem Trotzkopf natürlich nicht. Doch diesen Machtkampf war ich – zumindest dieses Mal – nicht bereit, zu verlieren. Schließlich ist es doch das, was man Erziehung nennt. Nur dafür mußte ich einen hohen Preis bezahlen und der Blicke ausharren, die mich als die schlechteste Mutter aller Zeiten verurteilten.

Viele wissen nicht mehr, wie der Alltag mit Kindern aussieht

Und dennoch: Obwohl böse Blicke einen verunsichern, kann ich sie durchaus verstehen. Denn gerade als Eltern weiß man, daß Kinder manchmal auch nerven können. Aber es gibt immer noch einen Unterschied, ob man von dem Geschrei und Trotz eines Kleinkindes in der Öffentlichkeit nur genervt ist, oder, ob man dies auch sagt. Ausgesprochen erreicht Kinderfeindlichkeit eine andere Ebene.

Kinder sind rar in Deutschland. Und so wissen offenbar viele einfach nicht mehr, wie der Alltag mit ihnen aussieht. Daß sie eben nicht immer nur nett lächeln und brav ihren Mund halten, wenn Erwachsene sich unterhalten. Klar könnten viele Kinder heutzutage etwas mehr Disziplin und Erziehung vertragen, doch auch damit kann man nicht alles ausbügeln, was zum Erwachsenwerden dazu gehört.

Kinder werden heute entweder als süß oder störend empfunden – nur nicht als selbstverständlich. Sie sind eine aussterbende Spezies, eine Besonderheit, mit der viele nicht mehr umzugehen wissen. Die Berichte über den Bevölkerungsschwund schlagen Alarm. Doch wer Kinder als Störfaktor empfindet, soll auch über den demographischen Wandel nicht jammern.

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