Wir fühlen uns an den Anfang der 1980er Jahre zurückversetzt, als es die SPD schon einmal an ihrer Haltung zur Sicherheitspolitik zerriß. Der linke Flügel fiel Helmut Schmidt in den Rücken, der als sozialdemokratischer Bundeskanzler den Nato-Doppelbeschluß herbeigeführt hatte. Dieser sollte die nukleare Abschreckung gegen Mittelstreckenwaffen garantieren, die Moskau in Osteuropa stationieren ließ. Der Doppelbeschluß erreichte sein Ziel, die Sowjetunion erfolgreich an den Verhandlungstisch zu Abrüstungsverhandlungen zu zwingen.
Das von SPD-Linken jetzt veröffentlichte „Friedens-Manifest“ versucht den Geist der damaligen – historisch gescheiterten – „Friedensbewegung“ wiederzubeleben. Mit Forderungen nach „Gesprächen“ und „Verhandlungen“ rennt das Papier offene Türen ein. Daß Kriege – auch der in der Ukraine – im besten Fall am Ende diplomatisch gelöst werden oder sogar von vornherein verhindert werden, ist eine Binsenweisheit.
Polemik gegen „Aufrüstung“ oder „Kriegstreiberei“ von links bis rechts hat Konjunktur
Um bei Verhandlungsinitiativen ernst genommen zu werden, müssen Staaten jedoch Gewicht in die Waagschale bringen. Und derzeit wird Deutschland gewogen und für zu leicht befunden. Wenn wir die Vorstellung haben, Berlin solle stärker als „Mittler“ auftreten, „souveräner“ werden, weniger „erpreßbar“ sein (ob aus Moskau oder Washington, Peking – einerlei): Dafür reicht markige Rhetorik nicht aus. Um nicht erpreßt werden zu können, muß man sich im Ernstfall jederzeit wehren können. Wir waren noch nicht einmal in der Lage, den Anschlag auf Nord Stream aufzuklären, geschweige denn zu verhindern. Und wie wollen wir ohne Bündnis unsere Handelswege im Roten Meer oder anderswo sichern?
Kurzsichtige Polemik gegen „Aufrüstung“ oder „Kriegstreiberei“ von links bis rechts hat Konjunktur. Wünschenswerte Verhandlungslösungen im Ukraine-Krieg hin oder her – Deutschland muß nach Jahrzehnten sicherheitspolitischer Naivität endlich echte Wehrbereitschaft wiederherstellen. Das kostet unweigerlich viele Milliarden mehr für Rüstung und Infrastraktur, das bedeutet im Zweifel Rückkehr zur Wehrpflicht, das verlangt nach einer Auslandsaufklärung, die diesen Namen endlich wieder verdient, das verlangt vor allem einen Mentalitätswechsel: Nur aus einer Position unzweifelhafter militärischer Stärke sind überhaupt tragfähige diplomatische Lösungen und dauerhafte Friedensordnungen denkbar.
Wie immer man den Einsatz Israels im Iran bewertet: Wir sehen hier eine Nation, deren Geheimdienste exzellent organisiert sind, die über furchteinflößende strategische Planung verfügt und stets auf dem Sprung ist. Es muß uns schlaflose Nächte bereiten, in welcher Verfassung sich Dienste und Verteidigung in Deutschland befinden.