Es gehört zum Wesen aller Institutionen, daß sie, einmal eingeführt, nur schwer wieder loszuwerden sind. So auch das Amt des Kulturstaatsministers. Als es ein halbes Jahrhundert nach Gründung der Bundesrepublik aus der Taufe gehoben wurde, meldeten sich sofort kritische Stimmen, die darauf hinwiesen, daß „Kultur“ Ländersache sei.
Geholfen hat es nichts. So gab es seit 1999 sieben Inhaber des Amtes, von denen die ersten auffallend kurz verweilten – als Intellektuelle hatten Michael Naumann und Julian Nida-Rümelin sich wohl etwas anderes vorgestellt – und die übrigen nur als Verwalter in Erscheinung traten. Ausnahme von dieser Regel war die ampelberufene Claudia Roth, die mit dem ihr eigenen brachialen Selbstbewußtsein zur Sache kam, stets das Ziel des finalen Umbaus der Republik im Visier.
Und nun der Medienunternehmer und Publizist Wolfram Weimer, den schon kurz nach seiner Ernennung der flächendeckende Protest der Kulturszene traf, weil er als „Konservativer“ oder gar als „Rechter“ nichts anderes im Sinn haben könne als ein Rollback. Worauf der Angegriffene erwartbar defensiv reagierte. Erwartbar insofern, als noch jede Stellungnahme Weimers in der Vergangenheit von einem wachen Instinkt für die Grenzen des Mein- und Sagbaren zeugte. Was er vortrug, sorgte im Justemilieu, dem er sich zuzählt, stets für Applaus oder wenigstens für Wohlbehagen und beschauliche Stimmung und ansonsten für ein gerüttelt Maß an Langeweile.
Weimer schließt ein Viertel der Staatsbürger von der Debatte aus
Und daran wird sich nichts ändern. Der Nachdruck, mit dem Weimer in seiner ersten Rede im Deutschen Bundestag ankündigte, den Antisemitismus zu bekämpfen, ist kein Gegenbeweis. Aufmerken lassen sollten vielmehr die kaum kaschierten Garantien für den Status quo im Kulturbetrieb und die Vehemenz, mit der Weimer die „Brandmauer“ verteidigt: „Uns liberal-bürgerliche Menschen […] unterscheidet von den Rechten manche politische Ansicht, vor allem aber eine ethische Kategorie. Die breite Mitte und ihre demokratischen Parteien sind grundsätzlich auf Integrität aus. Darum können sie auch miteinander koalieren. Die AfD und die Rechtspopulisten hingegen zielen auf reine Ressentiments.“
Da hilft wenig, daß Weimer dem „Rechts-Sein“ gönnernd ein Existenzrecht zuspricht. Denn die Behauptung, daß die „demokratischen Parteien“ – also alles von der Linken über das BSW, die Grünen, die Sozialdemokraten bis zur Union – die Moral gepachtet haben, macht nicht nur jede Debatte von vornherein aussichtslos, sondern erklärt auch ein Viertel der Staatsbürger zu unerwünschten, charakterlich defekten Inländern.