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Europas Naher Osten: Oh, wie schön ist Jurmala

Europas Naher Osten: Oh, wie schön ist Jurmala

Europas Naher Osten: Oh, wie schön ist Jurmala

Sonnenuntergang am Ostseestrand von Jūrmala in Lettland, Spaziergänger am Ufer. Eingeblendet im Kreis: Porträt von Dieter Stein, JF-Chefredakteur. Symbolbild zu Kommentar über Baltikum, Freiheit und nationale Identität. Sonnenuntergang in Jūrmala: Im Baltikum sind Stolz und nationale Identität allgegenwärtig. Foto: Dieter Stein
Sonnenuntergang am Ostseestrand von Jūrmala in Lettland, Spaziergänger am Ufer. Eingeblendet im Kreis: Porträt von Dieter Stein, JF-Chefredakteur. Symbolbild zu Kommentar über Baltikum, Freiheit und nationale Identität. Sonnenuntergang in Jūrmala: Im Baltikum sind Stolz und nationale Identität allgegenwärtig. Foto: Dieter Stein
Sonnenuntergang in Jūrmala: Im Baltikum sind Stolz und nationale Identität allgegenwärtig. Foto: Dieter Stein
Europas Naher Osten
 

Oh, wie schön ist Jurmala

Die baltischen Völker halten an ihrem Freiheitswillen fest. Ihr kollektiver Stolz erinnert uns daran, was in Deutschland fehlt. Ein Kommentar von JF-Chefredakteur Dieter Stein.
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junge Autoren, Jungautoren, Wettbewerb, Journalisten

Bevor die Eindrücke wieder verdämmern, muß ich an eine traumhafte Reise ins Baltikum erinnern. Mit Kindern und Auto ging es über Zwischenstopps im ehemals westpreußischen Thorn und ostpreußischen Lötzen (heute Giżycko) über die sicherheitspolitisch bedeutsame Suwałki-Lücke durch Litauen nach Lettland. In Lötzen an den Masurischen Seen werden Erinnerungen an eine Fahrradtour vor 33 Jahren wach.

Innenstadt von Thorn
In der Abendsonne: Altstadt der einst westpreußischen Stadt Thorn mit dem Dom St. Johannes. Foto: Dieter Stein

Mit einer Gruppe Studenten erkundeten wir damals über Danzig und Marienburg kommend den polnischen Teil des ehemaligen Ostpreußen. Von zerfallenden Höfen und maroden Straßen ist nichts mehr zu sehen. Polen ist eines der wirtschaftlich florierendsten Länder Europas geworden. Alle Städte atmen heute Bürgerstolz, und wehmütig überfällt uns Rührung angesichts der liebevoll restaurierten historische Bauwerke und Stadtkerne, denen die sichtbaren deutschen Spuren nicht genommen, sondern bewahrt werden.

Inschrift am Schwarzhäupterhaus in Riga
Deutsche Inschrift am 1999 wiedererstandenen „Schwarzhäupterhaus“ in Riga: Das im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigte Gebäude wurde am 23. Mai 1948 von den sowjetischen Machthabern gesprengt. In Vorbereitung auf die 800-Jahr-Feier der Stadt wurde es originalgetreu in sieben Jahren mit Spenden auch aus Deutschland wiedererrichtet. Foto: Dieter Stein

Eine Woche in Jūrmala und seinem als „Sylt Lettlands“ bezeichneten sich über 40 Kilometer erstreckenden Ostseestrand: Trotz überwiegend Dauerregens stellen sich die sagenhaften endlosen Sonnenuntergänge ein, für die der Ort gepriesen wird.

Villa in Jūrmala
Vornehme Villa im Strandort Jūrmala an der lettischen Ostsee. Schon im Zarenreich setzte der Bau von oft in Jugendstil oder Nationalromantik-Elementen verzierten überwiegend aus Holz gebauten Ferienhäusern ein. Foto: Dieter Stein

Zu Sowjetzeiten und bis zum Angriff auf die Ukraine 2022 war Jūrmala ein besonders bei Russen beliebtes Ziel, viele mondäne an die Dünen angelehnte Villen zeugen davon.

Wo nationale Identität noch trägt

Als geschichtsbewußter Besucher kommt man auch im kalten Sommer 2025 auf seine Kosten. Sowohl die lettische Hauptstadt Riga mit ihren 800 erhaltenen Jugendstilbauten als auch die im Anschluß besuchte litauische Hauptstadt Vilnius besitzen malerisch renovierte historische Innenstädte.

Sommerabend in einem Straßenlokal in Vilnius
Sommerabend in einem Straßenlokal auf dem Rathausplatz in der litauischen Altstadt Vilnius. Foto: Dieter Stein

Wie auch in Polen begegnen uns im Gegensatz zu vielen deutschen Innenstädten keine Vermüllung, Graffiti oder durch unkontrollierte Migration entstandene „Partyzonen“ mit irritierenden Gruppen junger Männer.

Dünenlandschaft auf der Kurischen Nehrung bei Nidden
„Sahara der Kurischen Nehrung“: Dünenlandschaft bei Nidden mit Blick nach Süden zum russischen Teil Ostpreußens. Foto: Dieter Stein

Ein Abstecher führt von Memel über die Kurische Nehrung zum Sommerhaus Thomas Manns in Nidden. Beim Spaziergang durch die als „Sahara des Nordens“ bezeichnete Dünenlandschaft streift der Blick die Grenze zum russischen Teil Ostpreußens.

Berg der Kreuze bei Šiauliai
Zeugnis unbeugsamen Freiheitswillens: Der litauische „Berg der Kreuze“ bei Šiauliai. Immer wieder ließen Sowjets die Kreuze mit Bulldozern abräumen. Doch die Litauer richteten die Kreuze immer wieder auf und schufen einen Wallfahrtsort gegen die kommunistische Herrschaft. Foto: Dieter Stein

Ob beim „Berg der Kreuze“ bei Šiauliai oder den Okkupationsmuseen in den Hauptstädten, überall begegnen uns Erinnerungen an braune und rote Gewaltherrschaft, den mit Blut getränkten Boden – aber vor allem den unbeugsamen Freiheitswillen der kleinen baltischen Völker, die sich nie wieder zu Sklaven machen lassen wollen.

Marktplatz der Stadt Posen
Sommerabend auf dem Marktplatz von Posen: Besonders in Polen ist der Wiederaufbau und die Restaurierung historischer Innenstädte mit rührender Liebe gelungen. Foto: Dieter Stein

Kollektiver Stolz auf Freiheit und nationale Identität – wie sehr nehmen wir die Leerstelle wahr, als wir wieder über die Oder gen Berlin rollen.

Aus der JF-Ausgabe 35/25.

Sonnenuntergang in Jūrmala: Im Baltikum sind Stolz und nationale Identität allgegenwärtig. Foto: Dieter Stein
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