Andreas Rödder hat einfach die Dinge zu früh beim Namen genannt. Der Historiker trat vergangene Woche vom Vorsitz der CDU-Grundwertekommission zurück, nachdem er für Interviewäußerungen aus seiner eigenen Partei scharf attackiert worden war. Was war der Punkt? Rödder hatte es gewagt, angesichts der in den Ost-Bundesländern immer stärker werdenden AfD über das Konzept von Minderheitsregierungen für die CDU nachzudenken. Es sei „völlig in Ordnung“, dann Gesetze mit wechselnden Mehrheiten, also auch mit Stimmen der AfD durchzubringen. Problematisch sei erst eine „Tolerierung“, für die „Absprachen“ nötig seien.
Schon bei der jüngsten Entscheidung des Thüringer Landtages, bei der eine Senkung der Grunderwerbsteuer auf Antrag der CDU mit Stimmen der FDP und AfD beschlossen wurde, gab es vorher selbstverständlich inoffizielle Sondierungen zwischen Vertretern der CDU und AfD. Etwas anderes anzunehmen wäre weltfremd.
In Thüringen rutscht die CDU bereits jetzt aus der Opposition mit weiteren Gesetzesvorhaben in eine solche von Rödder skizzierte Rolle, mit Stimmen der AfD die Regierungspolitik zu ändern. Will sich die CDU künftig nicht völlig kastrieren und wieder „aus der Defensive herauskommen“ (Rödder), sprich nicht nur noch als reiner Mehrheitsbeschaffer linker Bündnisse dienen, werden diese Modelle auf kommunaler und Landesebene Schule machen müssen.
Grüne Stimmen innerhalb der CDU sind zu mächtig
Rödder hat zu voreilig etwas demnächst Selbstverständliches beim Namen genannt. Doch zu allmächtig sind die Kräfte in der CDU, die vor allem im Westen vorhandene Bündnisse mit den Grünen weiterhin am „modernsten“ und elegantesten finden. Elegant, weil: Hier ist der mediale Rückenwind sicher. Journalisten der Öffentlich-Rechtlichen, aber auch der übrigen tonangebenden Presse schmelzen dahin, wenn Grüne und Union „fortschrittlich“ zusammenwirken.
In brennenden Konfliktthemen – Migration, Energie, Wirtschaft, Identitätspolitik, Innere Sicherheit – gibt es jedoch eine wachsende gesellschaftliche Polarisierung. Dies wird sich bei den Landtagswahlen in Hessen und Bayern widerspiegeln. Ein Schlingerkurs zwischen aus der Hüfte geschossenen Sprüchen von Friedrich Merz und grün-schwarzem Opportunismus treibt immer mehr Wähler dazu, gleich die Originalvarianten anzukreuzen. Die entscheidende Frage ist: Wie kommen immer deutlichere Mehrheiten für eine Mitte-Rechts-Politik in Deutschland endlich zum Tragen? Wann wird die metapolitische Vormacht der Grünen gesamtgesellschaftlich gebrochen?