Eine Feier der Superlative steht uns am Wochenende ins Haus: Das Thronjubiläum der britischen Königin Elisabeth, die seit 70 Jahren ihr Amt bekleidet. Wir Deutschen blicken mit einer Mischung aus Neid, Bewunderung und Belustigung auf die Bewohner der Insel, die mit schrulliger Liebenswürdigkeit an ihrer Tradition der Monarchie festhalten.
Als sie den Thron bestieg, war Papst Pius XII. noch im Amt – seitdem lösten sich sechs weitere Päpste ab. Sie ist eine konservative Institution in einer Zeit des Wandels, ein Fels in der Brandung – und ihre Familie nebenbei Beispiel dafür, welche Bereicherung ausländische Fachkräfte sein können. Schließlich sollten wir daran erinnern, welchen maßgeblichen deutschen Migrationshintergrund das Königshaus auszeichnet …
Elisabeth ist Identifikationspunkt der Nation
Die Monarchin ist allen Eskapaden von Söhnen und Enkeln zum Trotz unangefochtener Identifikationspunkt ihrer Nation. Welch Kontrast zum aktuellen Bild des von einer Partyaffäre zur nächsten stolpernden Premierministers Boris Johnson.
Doch versuchen Progressive im Diskurs um Postkolonialismus, Wokeness und Brexit-Frust zunehmend am patriotischen Lack zu kratzen. Nachdem die Londoner Regent Street zur Einstimmung auf die Feierlichkeiten seit Tagen in ein Meer von Union Jacks getaucht wurde, löste dies gar eine kleine „Faschismus-Debatte“ aus. Linke Influencer und Anhänger der Schottischen Nationalpartei fühlten sich an „Nazi-Deutschland“ erinnert und forderten ein Abrüsten bei der Beflaggung – ohne Erfolg.
Monarchie genießt in England hohe Zustimmung
Denn am Durchschnitts-Briten und seinem ungebrochenen Patriotismus perlt diese Mäkelei ab. Die Zustimmung zur Monarchie ist erdrückend – nur 20 Prozent lehnen sie ab. Zwölf Millionen Menschen werden bei 16.000 Straßenpartys an den von der Regierung gebilligten vier arbeitsfreien Tagen ausgelassen und feuchtfröhlich feiern. Doch der Tag rückt näher, an dem sich mit dem Wechsel der Krone zu Prinz Charles die Kontinuität der Institution bewähren muß. Es sieht aber alles danach aus, daß dies gelingen wird.
Die hohen Einschaltquoten, die Fernsehübertragungen britischer Hochzeiten, Paraden und Jubiläen insbesondere hierzulande erzielen, weisen auf ein emotionales Vakuum hin, das speziell die deutsche republikanische Ordnung nie zu füllen in der Lage war. Es erfaßt uns Wehmut, daß wir immer weniger in der Lage sind, Rituale zu schaffen, mit denen die Nation sich würdig feiert und sich ihres Zusammengehörigkeitsgefühl populär versichert. England, du hast es besser …
JF 23/22