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Streiflicht: Russische Panzer in Berlin

Streiflicht: Russische Panzer in Berlin

Streiflicht: Russische Panzer in Berlin

Sowjetisches Ehrenmal
Sowjetisches Ehrenmal
T-34 am Sowjetischen Ehrenmal in Berlin: Die Panzer waren schon immer eine Zumutung Foto: picture alliance / dpa
Streiflicht
 

Russische Panzer in Berlin

Verkehrte Welt. In sozialen Netzwerken verbreiten vermeintliche „Konservative“ stalinistische Propagandabilder, um ihre Sympathien für Putin möglichst markig zu demonstrieren. In Berlin tobt derweil eine Debatte über die T-34-Panzer im Tiergarten am Ehrenmal für die gefallenen Sowjetsoldaten. Sie waren schon immer eine Zumutung. Ein Kommentar von JF-Chefredakteur Dieter Stein.
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Der Konflikt um die Ukraine bedeutet eine Rückkehr der Geschichte nach Europa. Fast 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und 25 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhanges gerät das Machtgefüge auf dem Alten Kontinent in Bewegung. Es geht wieder um die Neuziehung von Grenzen, das Verschieben von Einflußzonen, um unverhüllte Machtpolitik – plötzlich sollen wieder „nationale Interessen“ bestimmt werden.

Offensichtlich klaffen die veröffentlichte Meinung und die Meinung vieler Deutscher in der Haltung zur russischen Machtpolitik auseinander. Die FAZ wollte vor einigen Tagen einen Zusammenhang zwischen EU-Skepsis und Sympathie für die nationale Politik Moskaus festgestellt haben: Viele „Europa-Hasser“ seien „fasziniert vom vermeintlich starken Führer Putin“. In sozialen Netzwerken verbreiten vermeintliche „Konservative“ stalinistische Propagandabilder, um ihre Sympathien für Putin möglichst markig zu demonstrieren. Verkehrte Welt. Es imponiert offenbar vielen, wie der Kreml-Chef Politiker des Westens herausfordert, die die Souveränität ihrer Staaten in supranationalen Strukturen am liebsten vollständig verschwinden lassen wollen. Manche, die den Brüsseler Moloch als „EUdSSR“ beschimpfen, feiern jetzt Putin, der den Untergang des Vielvölkergefängnisses UdSSR als „geopolitische Katastrophe“ beklagt.

Tatsächlich waren die Panzer immer eine Zumutung

Beinahe täglich treibt dabei eine ins Hysterische kippende Debatte zwischen „Putin-Verstehern“ und „Putin-Hassern“ neue Stilblüten. In Berlin forderten jetzt die Boulevard-Blätter Bild und B.Z. in einer Petition: „Weg mit den Russen-Panzern am Brandenburger Tor!“ Plötzlich sind die Relikte der sowjetischen Besatzungsmacht Stein des Anstoßes. Jahrzehntelang redete man den Berlinern ein, die T-34-Panzer im Tiergarten am Ehrenmal für die gefallenen Sowjetsoldaten seien als Symbol der „Befreiung“ zu respektieren. Deutschland sicherte im Rahmen des Zwei-plus-Vier-Vertrages zu, die sowjetischen Ehrenmäler unverändert zu erhalten. Nun werden auf einmal Affekte dagegen mobilisiert, nicht aus guten geschichtspolitischen Erwägungen, sondern um vordergründig aktuelle Moskauer Politik anzugreifen.

Tatsächlich waren die Panzer immer eine Zumutung. Deshalb gab es vor fast 19 Jahren auch parallel zu Christos provozierender Verhüllung des Reichstages eine Gegenaktion „Wrapped Tank“: Der konservative Publizist Heimo Schwilk verpackte am 17. Juni 1995 symbolisch vor dem Reichstag die Attrappe eines T-34. Ich gehörte damals zu denen, die den Panzer verschnüren halfen. Wir wollten daran erinnern, daß sowjetische Panzer 1945 in Berlin nicht nur die deutschen Truppen besiegten, sondern auch die Volksaufstände 1953 in der DDR, 1956 in Ungarn und 1968 in der Tschechoslowakei blutig niederwalzten.

JF 18/14

T-34 am Sowjetischen Ehrenmal in Berlin: Die Panzer waren schon immer eine Zumutung Foto: picture alliance / dpa
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