Innerhalb von nur zwölf Monaten haben die deutschen Fahrzeugbauer 50.000 Stellen abgebaut, weitere Zehntausende wurden angekündigt. Auch viele Zulieferer wie etwa Bosch sind davon betroffen (JF berichtete). Einige haben bereits ganz dichtmachen müssen. Und das liegt keineswegs nur an der wachsenden Konkurrenz durch China und den Trumpschen Strafzöllen.
Die Automobilindustrie war immer ein Grundpfeiler der deutschen Wirtschaft. Rund acht Prozent der Wertschöpfung und fünf Prozent der Arbeitsplätze entfallen auf sie. Nimmt man die Zulieferer und andere vom Automobil abhängige Bereiche hinzu, verdoppeln sich diese Zahlen. Damit liegt die Automobilindustrie deutlich vor allen anderen Branchen einschließlich der Chemie und des Maschinenbaus. Jetzt aber droht diese für unseren Wohlstand zentrale Wertschöpfungskette wegzubrechen.
Mit Herausforderungen wie Trumps Zollpolitik müssen im internationalen Wettbewerb stehende Unternehmen immer rechnen. Hier hilft kein Jammern über unfaire Handelspraktiken, sondern nur Ärmel hochkrempeln und Kundenbindung durch überlegene Qualität und Service. In der Vergangenheit ist das den deutschen Exporteuren gelungen. Jetzt aber stehen sie vor ganz anderen, nämlich hausgemachten Problemen.
China profitiert von den E-Auto-Regelungen
Eine völlig aus dem Ruder gelaufene Klima-Planwirtschaft zwingt den Fahrzeugbauern politisch vorgegebene Technologien und Produktsortimente auf. Sie nimmt ihnen damit ihren wichtigsten Wettbewerbsvorteil, nämlich Innovationsfreiheit und marktwirtschaftliche Orientierung an den Kundenwünschen.
Stattdessen werden zwingende Flottenziele bei CO2-Ausstoß und Kraftstoffverbrauch vorgegeben, die sich faktisch nur durch einen immer höheren Anteil von Elektrofahrzeugen erreichen lassen. Deren Emissionen werden absurderweise mit null veranschlagt, obwohl sie über die gesamte Produktionskette kaum geringer als etwa bei Dieselfahrzeugen sind.
Ab 2035 sollen Neuzulassungen von Verbrennerfahrzeugen dann ganz verboten werden. Dabei macht der CO2-Ausstoß aller Fahrzeuge in der EU gerade einmal ein Prozent der weltweiten menschengemachten Emissionen aus. Zudem wird er durch das EU-weite Emissionshandelssystem ETZ II ab 2027 ohnehin bindend gedeckelt sein. China als der Hauptprofiteur des Zwangs zum E-Auto stößt dagegen fast ein Drittel der weltweiten Klimagase aus.
Die Konkurrenz wird das freuen
Aber darum geht es in Wahrheit gar nicht. Die Elektromobilität als einziger noch zulässiger Fahrzeugantrieb hat sich in den Köpfen der Politiker längst verselbständigt.
Die deutsche Automobilindustrie leidet besonders stark unter diesen planwirtschaftlichen Diktaten. Denn bei den Verbrennern hatte sie immer einen technologischen Vorsprung, der nun völlig entwertet wird. Zudem lag ihre Stärke bei größeren und leistungsstärkeren Fahrzeugen, die naturgemäß unter den Flottenverbrauchszielen besonders leiden.
Die Konkurrenz aus Frankreich und Italien wird das freuen. Und den EU-Ländern ohne eigene Automobilindustrie kann es erstmal egal sein. Es ist unverständlich, wie deutsche Regierungen solchen für ihre Schlüsselindustrie selbstmörderischen Gesetzesvorgaben zustimmen konnten. Auch die aktuelle Merz-Regierung macht keine ernsthaften Anstalten, dem Irrsinn ein Ende zu bereiten.
Als erstes müßten die Energiepreise gesenkt werden
Bestenfalls geht es um eine Verschiebung des Verbrennerverbots um ein paar Jahre. In der Zwischenzeit droht mit weiteren Subventionen und Manipulationen der Kundennachfrage alles noch bürokratischer und planwirtschaftlicher zu werden. Zwar stammen die meisten Vorgaben von der EU und könnten nur mit Zustimmung aller Mitgliedsländer geändert werden. Wahr ist aber auch, daß Deutschland dem ganzen Unsinn nicht nur zugestimmt, sondern ihn sogar aktiv vorangetrieben und national noch verschärft hat.
Was jetzt dringend notwendig wäre, ist deshalb eine grundlegende Kehrtwende. Als größter Nettozahler könnte der Kanzler in Brüssel durchaus einmal auf den Tisch hauen und die sofortige Beendigung des planwirtschaftlichen Irrwegs verlangen. Schließlich ist in den EU-Verträgen an mehreren Stellen eine marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung vorgegeben. Damit hat die aktuelle Politik aber nichts mehr gemein. Merz ist zwar nicht Trump, aber auch Deutschland hätte durchaus Mittel, um seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen.
Davon abgesehen gibt es aber auch zu Hause mehr als genug zu tun: Als erstes müßten die viel zu hohen Energiepreise gesenkt werden. Dazu braucht es reale Kostensenkungen und nicht nur das Verschieben von Geld durch Steuersenkungen oder Subventionen. Das Mittel der Wahl wäre eine Rückkehr zur Kernenergie, die nicht nur sauber und zuverlässig, sondern auch preiswert ist. Hier hätten wir sogar die EU auf unserer Seite.
Bürokratische Lasten für Automobilbranche müssen weg
Zweitens wären sämtliche nationalen „Klimaziele“ und die dazugehörigen Interventionen zu beerdigen. Denn die CO2-Problematik ist bereits auf EU-Ebene durch den Emissionshandel ausreichend geregelt und bedarf keiner weiteren Instrumente.
Drittens wäre die Autoindustrie wie auch die Wirtschaft insgesamt von allen bürokratischen Lasten zu befreien, die nicht zwingend erforderlich sind. Dazu gehört zum Beispiel das nationale Lieferkettengesetz, aber auch zahlreiche überzogene Vorgaben etwa hinsichtlich Feinstaubemissionen und Kraftstoffverbrauch.
Es braucht mehr Mut zur Marktwirtschaft
Viertens hat sich die Verkehrspolitik wieder stärker an der tatsächlichen Nachfrage zu orientieren. Nach wie vor werden 80 Prozent der Fahrleistungen mit dem Auto erbracht, das meiste Geld des Verkehrsministers aber für Busse und Bahnen ausgegeben. Die im Koalitionsausschuß vereinbarten drei Milliarden zusätzlicher Mittel für den Straßenneubau etwa sind ein schlechter Witz angesichts der täglichen Staus. Notwendig wäre mindestens das Fünffache.
Und schließlich muß fünftens auch die Automobilindustrie selbst sich wieder an den Wünschen der Kunden statt an ideologischen Zielen orientieren. Wer Fahrzeuge baut, die niemand kaufen will, darf sich über sinkende Absatzzahlen nicht wundern. Dazu braucht es nicht noch mehr Autogipfel, sondern mehr Mut zur Marktwirtschaft.