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EuGH gegen Polen und Ungarn: Im Widerstand gegen Brüssel vereint

EuGH gegen Polen und Ungarn: Im Widerstand gegen Brüssel vereint

EuGH gegen Polen und Ungarn: Im Widerstand gegen Brüssel vereint

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán und Polens Regierungschef Matesuz Morawiecki: Sie hatten vor dem EuGH gegen den Rechtsstaatlichkeitsmechanismus geklagt
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán und Polens Regierungschef Matesuz Morawiecki: Sie hatten vor dem EuGH gegen den Rechtsstaatlichkeitsmechanismus geklagt
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán und Polens Regierungschef Matesuz Morawiecki: Sie hatten vor dem EuGH gegen den Rechtsstaatlichkeitsmechanismus geklagt Foto: picture alliance / Mateusz Wlodarczyk NurPhoto |
EuGH gegen Polen und Ungarn
 

Im Widerstand gegen Brüssel vereint

Nach dem EuGH-Urteil zum Rechtsstaatsmechanismus will die EU nun die möglichen Folgen für Polen und Ungarn gründlich prüfen. Dabei ist es kein Wunder, daß die lange unterdrückten Völker allergisch auf jede zentralistische Bevormundung und Rechtsanmaßung reagieren.
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Weißmann, Reich, Republik, Nachkriegsrechte

Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) hat sich während der vergangenen Jahre auch zum obersten Gerichtshof der einzelnen EU-Staaten aufgeschwungen. Inzwischen ist er für alles zuständig – vom Abtreibungsrecht über die Homo-Ehe bis hin zum Wehrdienst. Die 27 von ihren Mitgliedsregierungen politisch ernannten Richter, welche unterschiedlichste juristische Qualifikationen vorweisen können, beanspruchen den Vorrang ihrer Entscheidungen vor den nationalen Verfassungsgerichten. Auch Karlsruhe hat sich dem zähneknirschend gebeugt. In Rumänien hat der EuGH sogar untergeordneten Gerichten angeordnet, die Entscheidungen ihres Verfassungsgerichtshofes zu ignorieren, weil sie ihm nicht paßten.

Polen und Ungarn sehen dies anders. Ihre Aufstände gegen die Sowjetdiktatur wurden 1956 blutig niedergeschlagen, ohne daß sich im freien Westen ein Finger gerührt hatte. Die polnische Gewerkschaft „Solidarnosc“ trotzte heldenhaft dem Kriegsrecht des Generals Jaruszelski, was der damalige Kanzler Helmut Schmidt (SPD) und das höchst moralische Leitmedium Die Zeit sogar begrüßt hatten, und setzte demungeachtet die ersten freien Wahlen im Ostblock durch. In Ungarn öffnete Gyula Horn zusammen mit Österreichs Außenminister Alois Mock 1989 bei Ödenburg den Eisernen Vorhang und ermöglichte damit hunderten von DDR-Bürgern den gefahrlosen Weg in die Freiheit. Damit bereitete der Außenminister den Sturz der Mauer und der SED-Diktatur vor.

Ungarn und Polen reagieren allergisch

Kein Wunder, daß diese beiden freiheitsliebenden und knapp vier Jahrzehnte unterdrückten Völker allergisch auf jede zentralistische Bevormundung und Rechtsanmaßung reagieren, gleich ob früher aus Moskau oder seit ihren EU-Beitritt 2004 von Brüsseler Apparatschiks oder Luxemburger Richtern. Wie mir ein russischer Botschafter damals sagte: „Sie haben den Warschauer Pakt und den Comecon (Anm.: sowjetischer Rat zur gegenseitigen Wirtschaftshilfe) zum Einsturz gebracht. Sie werden auch Euch schaffen. Viel Vergnügen mit diesen Herrschaften.“

Jetzt wird ihnen angedroht, daß bei fortgesetzter politischer Unbotmäßigkeit gegenüber den Brüsseler und Luxemburger Diktaten ihren demokratisch mit großen Mehrheiten gewählten Regierungen – im Gegensatz zu Frau von der Leyen, die im Grunde nur von Angela Merkel und Emmanuel Macron gewählt wurde – jenseits der „normalen“ Zwangsgelder bei der Nichtumsetzung von EuGH-Entscheiden auch Milliardenbeträge an EU-Mitteln vorzuenthalten.

Vorgeworfen werden Ungarn und Polen neben allerlei politischen Inkorrektheiten, wie dem Unwillen illegale Migranten unkontrolliert oder per Quote ins Land zu lassen, politische Richterernennungen und politisch gesteuerte Staatsmedien, so als gäbe es dies nicht in fast allen anderen EU-Staaten auch. Die Stellenanzeige müßte noch gefunden werden, in dem ein Verfassungsrichter (m/w/d) in einem offenen Auswahlverfahren gesucht würde.

Politische Schönwetter-Erklärungen

Politische ungesühnte Morde unliebsamer Journalisten ereigneten sich (neben Rußland) in der Slowakei und auf Malta, nicht in Ungarn oder Polen. Die Leistungen beider Länder bei der mannhaften Abwehr illegaler Migranten auf der Balkan-Route und aus Weißrußland bleiben unbedankt. Wen wunderts, wo in Berlin die neue Ampel-Willkommensunkultur schon neue Migrations- und Asylwellen auslöst.

Was sich der EuGH in seiner Rechtsprechung nach und nach zu Nutze machte, waren politische Schönwetter-Erklärungen in den Präambeln und eine Menschenrechtserklärung in den EU-Verträgen, die jetzt extensiv bindend ausgelegt werden. So wurde das Gleichheitsprinzip zum Beispiel so interpretiert, daß in der Bundeswehr völlig wirklichkeitsfremd auch Frauen zum Kampfeinsatz müssen.

Oder der Arbeitsschutz derart ausgelegt, daß im französischen Militär auch die 35 Stunden-Woche des öffentlichen Dienstes zu gelten habe. Danach ist Feierabend im Gefecht und die Ablösung kommt. Da das EU-Recht nicht, wie das kontinentale und deutsche Recht, systematisch aufgebaut ist und der angelsächsischen Tradition des Fallrechtes entspricht, haben solche absurden Präzedenzfälle eine sehr nachhaltige Wirkung, zumal sie fast immer europäische Kompetenzen auf Kosten der Mitgliedstaaten ausweiten, ohne daß je eine Regierung oder ein Parlament dem zugestimmt hätte.

EuGH ignoriert Primärrecht

Dagegen ignoriert der EuGH systematisch europäisches Primärrecht, wenn es ihm politisch beliebt: Er verordnete der EU weitere Migrantenquoten, wenn die Dubliner Vereinbarungen die Asylgewährung nur im ersten sicheren Aufnahmeland vorschreiben. Der Bruch der Maastrichter Verträge mit ihren Haushaltsdefizit- und Staatsschuldenbegrenzungen sind für den EuGH genausowenig ein Thema wie die vertragswidrige Finanzierung der Staatsschulden durch die EZB und ihre Nichtbeachtung des einzigen expliziten Euro-Vertragszieles, der Geldwertstabilität nämlich, die die EZB bei 5 Prozent offizieller Inflation souverän ignoriert.

Zumal die realen Zahlen weit höher liegen dürfen und die Tendenz bei Energie- und Rohstoffpreisen, Baumaterialien und Lebensmitteln nach oben zeigt. Kein Wunder, denn höhere Zinsen würden ja die Mehrheit der Schuldenländer von Frankreich bis Griechenland plötzlich zum ungewohnten Sparen zwingen.

Es gibt aber auch „kleinere“ Themen, die den Luxemburger Richtern bislang gleichgültig waren. Die Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie aus dem Jahr 1979 zu Beispiel. So werden auch vier Jahrzehnte später Millionen von Zugvögeln aus dem Norden in Frankreich, Italien und auf Malta mit Netzen, Leimruten, Fallen und Schrotgewehren gefangen, getötet und verzehrt. Auf eine entsprechende parlamentarische Anfrage des Abgeordneten Markus Buchheit (AfD) hat es die Kommission bislang noch nicht für nötig befunden zu antworten. Für die Luxemburger Richter war es bislang auch noch kein Thema.

Juristische Selbstbeschränkung

Was also tatsächlich nötig wäre, ist die Kontrolle der Umsetzung des tatsächlich beschlossenen, demokratisch legitimierten EU-Rechts wie den Binnenmarktregeln, im Umweltschutz und im Wettbewerbsrecht, eine juristische Selbstbeschränkung also und ein Ende der universalistischen Rechtsanmaßung des EUGH. Der Brexit mit dem Verlust von 15 Prozent der Bevölkerung und Wirtschaftskraft der EU hätte ein Menetekel sein sollen.

Doch die Funktionärskaste in Brüssel, ihre Helfershelfer in Luxemburg und die Straßburger Parlamentsmehrheit von Links-Grün bis Schwarz zeigen sich zum Schaden Europas erstaunlich lernresistent. Es wäre tragisch, wenn ihre bornierte Arroganz in der Stunde der ukrainischen Krise, die die akute geopolitische Schwäche der EU offenbar macht, auch Polen und Ungarn zum Austritt drängte.

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán und Polens Regierungschef Matesuz Morawiecki: Sie hatten vor dem EuGH gegen den Rechtsstaatlichkeitsmechanismus geklagt Foto: picture alliance / Mateusz Wlodarczyk NurPhoto |
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