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Elektroautos belasten Stromnetz: Wenn der Saft abgedreht wird

Elektroautos belasten Stromnetz: Wenn der Saft abgedreht wird

Elektroautos belasten Stromnetz: Wenn der Saft abgedreht wird

E-Auto in Leipzig
E-Auto in Leipzig
E-Auto: Stromversorger befürchten Blackout Foto: picture alliance/dpa
Elektroautos belasten Stromnetz
 

Wenn der Saft abgedreht wird

Großbritannien schaltet ab Mai Ladestationen für Elektroautos für eine bestimmte Zeit ferngesteuert ab. Der Hintergrund: Die Stromversorger befürchten einen Blackout, wenn zuviele Elektroautos an den Ladesäulen hängen. Auch in anderen Ländern kennt man diese Probleme.
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Schlechte Zeiten für Besitzer von Elektroautos in Großbritannien: Dort kann es ab kommenden Mai passieren, daß beim Losfahren die Batterieanzeige „empty“ (leer) verkündet. Denn ab Mai können Ladestationen von 8 bis 11 und 16 bis 22 Uhr ferngesteuert abgeschaltet werden. Nach den Vorschriften müssen Ladestationen für E-Autos in Privathaushalten entsprechend voreingestellt werden. Öffentliche Ladesäulen und Schnelladeanschlüsse an Autobahnen und Schnellstraßen sind von dieser Regelung ausgenommen.

Der Hintergrund: Die Stromversorger befürchten einen Blackout, wenn zuviele Elektroautos an den Ladesäulen hängen. Es fahren derzeit zwar erst 300.000 Elektroautos in Großbritannien. Doch bereits jetzt gibt es Probleme bei den Stromlieferungen und es sollen noch mehr E-Autos werden. Denn auch in Großbritannien werden jene Parolen „keine neuen Verbrennermotoren mehr nach 2030“ ausgegeben.

Woher der Strom für die vielen neuen Verbraucher kommen soll, weiß auch auf der Insel niemand. Schon jetzt haben die Briten mit Stromausfällen zu kämpfen. Im Sommer lieferten die Windräder in der Nordsee längst nicht die versprochenen Mengen, es fehlt zusätzlich am Erdgas für Kraftwerke. Die Daily Mail listete auf, daß sechs neue Kernkraftwerke gebaut werden müßten, um den zusätzlichen Strombedarf von 18 GW für Elektroautos bis 2050 bereitzustellen.

Probleme mit Elektroautos auch in Deutschland

Bitter sieht es auch in Deutschland aus. Netzbetreiber warnen schon seit längerem vor mehr Elektroautos. Eine Million sollten es bis 2020 sein, hatte bekanntlich die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel als Ziel vorgegeben. Sie hat nicht dazu gesagt, woher der notwendige Strom kommen soll.

Doch E-Autos werden weiter massiv gefördert; über 500.000 E-Autos von insgesamt 59 Millionen Kfz fahren derzeit elektrisch, der Anteil dürfte steigen, solange die Förderung läuft, und damit die Sorgen, woher der Strom kommen soll und wo all die vielen Batterien laden können.

Die Stromversorger konnten nur gequält lächeln. Sie wissen: Für eine Million oder gar mehr Elektroautos gibt es nicht genügend Strom, schon gleich gar nicht, wenn Kernkraftwerke abgeschaltet werden. Die Bundesnetzagentur warnt, daß es vor allem in den Abendstunden partiell zu Überlastungen des lokalen Verteilernetzes komme, wenn viele Fahrzeuge gleichzeitig geladen werden sollen. Bei vier, fünf E-Autos in einer Straße kann bereits Schluß sein mit der Leistungsfähigkeit der Ortsnetze.

Vorschlag von Altmaier abgewiesen

Das ist den Fachleuten im Wirtschaftsministerium sehr wohl bekannt. Fehlgeschlagen ist der Versuch des ehemaligen Wirtschaftsministers Peter Altmaier, Paragraph 14 des Energiewirtschaftsgesetzes so zu ändern, daß ferngesteuert Verbrauchern der Strom abgestellt werden sollte. „Spitzenglättung“ hieß das Zauberwort, das Altmaier ins Spiel gebracht hatte. Das klingt besser als „Strom abschalten“ oder „rationieren“.

Der Verband der Automobilindustrie VDA kritisierte: „Was Spitzenglättung genannt wird, bedeutet für die Kunden abschalten.“ So wird das Nichts mit der Elektromobilität, kritisierte die VDA-Präsidentin Hildegard Müller gegenüber der Welt, „wenn das kommt, wäre es sehr schlecht für alle Besitzer von E-Autos.“

Auch Wärmepumpen und Nachtspeicherheizungen soll übrigens ferngesteuert der Strom abgestellt werden können, wenn zu wenig vorhanden ist. Auf Proteste hin zog Altmaier seinerzeit zurück: Es handele sich um einen Entwurf der Arbeitsebene, der nicht die Billigung des Ministers gefunden habe, so ein Sprecher des Ministeriums. Doch vom Tisch ist dies nicht. Wenn zu wenig Strom vorhanden ist, gibt es nichts mehr zu verteilen, schon gleich gar nicht zum Laden von E-Autos. Dann muß rationiert werden.

Bis 2030 jedes dritte Auto elektrisch

Auch in Österreich gerät das Netz an Grenzen. Dort redet die Regierung davon, daß bis 2030 jedes dritte Auto elektrisch angetrieben werden soll. „Für Netze eine veritable Herausforderung“, so Reinhard Nenning während der „E-Mobilitätstage 2021“ in Wien. Er plant für Vorarlberg Netz, einer Konzerntochter des Versorgers Illwerke VKW, die Verteilernetze.

In Wohngebieten seien die Netze in Wohnblöcken auf etwa 1 kW pro Wohneinheit ausgelegt. Ab einer bestimmten Zahl von Ladesäulen mit einer Leistung von 11 kW stoße die aktuell installierte Technik an ihre Grenzen, so Nenning: Die Spannung sinke, während es beim Transformator und dem dazu gehörenden Kabel zu Überlastungen komme.

Bei der Netzplanung sei außerdem eine notwendige Reserve für Photovoltaik und Wärmepumpen zu berücksichtigen. „Das bedeutet die Verkürzung der maximal zulässigen Stranglänge in der Niederspannung, und das bedeutet wiederum eine vielfache Anzahl an Trafostationen.“ Das wiederum bringe in dicht bebauten Regionen Konflikte mit Grundbesitzern mit sich und bedeute höheren Aufwand.

Strom rationieren

Auch in anderen Ländern soll Strom rationiert werden. Auf einem Kongreß zur Elektromobilität der Fachzeitschrift ATZ berichteten Stromnetzbetreiber aus Deutschland, Österreich, Schweiz und Tschechien, daß sie den Ladestrom an privaten Stationen beschränken, damit es nicht zur Überlastung der Netze komme. Nenning sprach dort Klartext: „Wir haben das Problem, daß wir nicht zu jedem Zeitpunkt jede Leistung zur Verfügung stellen können. Unsere Netze kommen ins Schwitzen, wenn gleich mehrere Elektroautos in einem Wohngebiet mit 11 oder gar 22 kW laden.“

Was also bleibt für den stolzen Fahrer von E-Autos bei Flaute und verdecktem Himmel wie gerade jetzt in der Wintersaison? Autos einfach stehenlassen. Trost hat einst das ominöse „Öko-Institut“ herausgefunden: Im Jahre 2050 würden wir unsere Elektro-Autos immer an irgendwelche Ladestationen hängen können, sobald sie stehen. Außerdem hätten wir dann nicht mehr den Wunsch, weiter als 25 Kilometer zu reisen. Alles andere verbrauche zu viel Energie.

E-Auto: Stromversorger befürchten Blackout Foto: picture alliance/dpa
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