Die Wellen schlagen hoch im idyllischen Bodenheim und Nackenheim. Denn die katholische Pfarrgemeinde der im malerischen Rheinhessen im Osten von Rheinland-Pfalz gelegenen zwei Winzergemeinden mit zusammen 13.000 Seelen hat die 2-G-Regel für ihren Gottesdienst obligatorisch gemacht. Mit einem Test, gleich ob Antigen oder PCR, darf daran nur noch teilnehmen, wer auch ein Attest vorweisen kann, daß er sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen kann. Für alle anderen heißt es: Bitte draußenbleiben! Und natürlich wird per Ordnerdienst strikt kontrolliert, daß sich auch ja kein Unreiner, sprich sonstiger Ungeimpfter, unter die Gerechten der gottgefälligen Gemeinde mischt.
Ungeimpfte mit sozialen Restriktionen zur Impfung zwingen
Kein Wunder, daß in der Regionalpresse nun von einer „tiefen Spaltung“ in der Gemeinde die Rede ist. Denn die 2-G-Trennung ist hier gleich doppelt absurd. Schließlich ist längst erwiesen, daß eine Impfung zwar den Selbstschutz erhöht, das Virus dennoch aber weitergegeben werden kann. Mal heißt es zwar, immerhin in geringerem Maße, da die Viruslast der Geimpften geringer sei, mal heißt es aber auch, in Sachen Ansteckung sei kein nennenswerter Unterschied zwischen Gepieksten und Ungepieksten nachzuweisen.
Den Schutz anderer garantieren die Impfstoffe also nicht. Ja, ein frisch Getesteter bietet unter Umständen sogar mehr Sicherheit vor Ansteckung als ein Geimpfter. Womit allgemein der Unsinn der 2-G-Regel offensichtlich wird und der Verdacht mit Händen zu greifen ist, es geht hier gar nicht um den Schutz von Menschen, sondern darum, Ungeimpfte mittels sozialer Restriktionen zur Impfung zu zwingen. Was übrigens viele jener bestätigt, die in der Corona-Krise von Beginn an keinen fürsorglichen, sondern einen autoritär-übergriffigen Staat am Werk gesehen haben, und dafür offensichtlich zu Unrecht als „Verschwörungstheoretiker“ verunglimpft wurden.
Ging Jesus nicht trotz Verbot zu den Aussätzigen?
Doch warum hat sich nun ausgerechnet eine Pfarrgemeinde dazu entschieden, das Spiel mitzumachen? Die Antwort findet sich in einer Erklärung des Pfarrgemeinderates: Man freut sich über „die Freiheiten, die wir dadurch erlangen“, etwa den Gemeindegesang, der wieder möglich sei.
Mancher mag darob ins Grübeln kommen … war da nicht etwas? Ging Jesus nicht zu Zöllnern und Huren, den Ausgestoßenen der damaligen Zeit? Heilte er nicht Aussätzige durch Handauflegen, obwohl diese zu berühren streng verboten war und Jesus darum die Genesenen bat, niemandem davon zu erzählen?
Und forderte er nicht dazu auf, gesellschaftlich Ausgegrenzte, nämlich die „Armen, die Krüppel, die Lahmen, die Blinden“ (Lukas 14.13), an seinen Tisch zu laden? Freilich, niemand verlangt von einer Gemeinde im Falle einer tödlichen Krankheit sich Jesus-gleich der Gefahr einer Ansteckung auszusetzen.
Doch darum geht es im Fall der Pharisäer aus Rheinhessen nicht. Es geht lediglich um einen Modus vivendi, der keinen ausgrenzt, sondern allen ermöglicht, am Gottesdienst teilzunehmen und das bei akzeptabler Sicherheit – wenn man dafür bereit ist, auf ein paar 2-G-Vorteile zu verzichten. Doch möglicherweise ist man ja in Bodenheim-Nackenheim bei der Bibellektüre noch nicht bis zu den betreffenden Stellen in den Evangelien vorgedrungen.