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„Fridays For Future“: Wenn der Nachwuchs der Helikopter-Eltern Streik spielt

„Fridays For Future“: Wenn der Nachwuchs der Helikopter-Eltern Streik spielt

„Fridays For Future“: Wenn der Nachwuchs der Helikopter-Eltern Streik spielt

Schulstreik
Schulstreik
Schülerstreik in Frankfurt am Main Foto: picture alliance/Frank Rumpenhorst/dpa
„Fridays For Future“
 

Wenn der Nachwuchs der Helikopter-Eltern Streik spielt

Nicht weniger als die Rettung des Weltklimas ist ihr Ziel: Tausende Schüler wollen so lange die Aufnahme von Bildung verweigern, bis die Politik endlich umsteuert. Mit ihrem Anliegen stoßen sie überall auf Begeisterung. Endlich engagiert sich die Jugend wieder. Manche Eltern sind so entzückt, daß sie ihren Nachwuchs am liebsten mit dem Multivan zum Schülerstreik fahren würden. Ein Kommentar von Felix Krautkrämer.
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Es war ein verwegener Plan: Weitergeben von Kindermund zu Kindermund, von Schüler zu Mitschüler, von Student zu Kommilitone. Gemeinsam würde man sich treffen, Freitag für Freitag, dabei auf Universität und Schule pfeifen und statt dessen für die Rettung des Weltklimas demonstrieren.

Kein gewöhnliches Schwänzen oder Blaumachen, nein, ein „Schülerstreik“ sollte es sein, der die Mächtigen dieser Welt in die Knie zwingt und endlich dazu bringt, eine klimafreundlichere Politik in Gang zu setzen. „Denn der Klimawandel wartet nicht auf unseren Schulabschluß“, lautete das besorgte Credo. „Nicht nur unsere Zukunft, sondern auch die Zukunft unserer Kinder und unserer Enkelkinder steht auf dem Spiel“, rief inbrünstig der Chor vom zwölfjährigen Pennäler bis zur feministischen Sozialpädagogikstudentin mit dem „Mein Bauch gehört mir“-Aufnäher auf dem Fjällräven-Rucksack.

Applaus von allen Seiten

Und es fühlte sich gut an, auf der richtigen Seite der Moral zu stehen. Man müsse nur lange genug die Aufnahme von Bildung verweigern, dann würden die verantwortlichen Politiker schon einknicken. Schließlich war man nicht weniger als die Zukunft und welches Land könnte es sich leisten, das Korn der Jugend geistig verdorren zu lassen? Und andererseits: Was nutzte einem der beste Bachelor oder das prämierte Gender-Diplom, wenn sich die Erde zielsicher in einen Glutofen verwandelte?

Doch anders als geplant, zogen die Schülerstreiks nicht den Zorn der Obrigkeit auf sich. Keine Empörung, kein Schimpf, kein Tadel. Im Gegenteil: Die Medien berichteten entzückt, von der sich endlich wieder politisch engagierenden Jugend. Kanzlerin und Bundespräsident sprachen den Schülern und Studenten ihre Sympathien und Unterstützung aus. Nicht einmal Klassenbucheinträge, Nachsitzen oder Verweise gab es. Keine Elternbriefe und Strafarbeiten. Nichts, womit man sich auf dem Schulhof als Rowdy hätte brüsten können. Nichts, was einem auf dem Campus den Nimbus des rebellischen Nachwuchs-Ches verlieh.

Einige eifrige Eltern setzten sich sogar an die Spitze der Bewegung und organisierten ihren Kindern den Ausflug zum Freitagsstreik. Vermutlich hätten sie ihren idealistischen Nachwuchs auch mit dem Zweit-Multivan zur Demonstration gefahren, aber das verhinderte in den meisten Städten die prekäre Parkplatzsituation.

Ein generationenübergreifender Streik

Auch an einem Berliner Gymnasium scheint die Begeisterung für die Schülerstreiks keine Grenzen zu kennen. Elternvertreter und Schulleitung versuchen sich hier, gegenseitig dabei zu übertrumpften, alles dafür zu tun, damit möglichst viele Schüler zu den Klimaprotesten am 15. März in der Hauptstadt kommen. „Unsere Kinder haben nun die Möglichkeit, unmittelbar dabei zu sein, wenn sich ihre Generation erstmals miteinander auf den Weg macht, global für die Grundlagen ihrer Zukunft zu streiten“, jubelt ein Elternvertreter in einer Rundmail.

Alles, was es dazu brauche, sei ein Muttizettel, denn die Teilnahme werde nicht nur vom Bundespräsidenten unterstützt, sondern auch vom Schulleiter. Es folgt eine detaillierte Schilderung, wann man von wo mit welcher S-Bahn und welchem Bus zur Demonstration gelange und die freundliche Aufforderung, daß natürlich auch die Eltern eingeladen seien, sich an den Protesten zu beteiligen. Quasi ein generationenübergreifender Streik.

In einer weiteren Mail meldet sich auch der Schulleiter zu Wort. Seit Tagen erreichten ihn Anfragen von Eltern, ob die Töchter und Söhne denn auch streiken dürften – natürlich ohne, daß hierfür irgendwelche Konsequenzen drohen. Und selbstverständlich während der Schulzeit und nicht nach dem Unterricht, denn da steht die sorgsam geplante und kostspielige Freizeitgestaltung zur individuellen Entfaltung des Nachwuchses im Weg.

„Aktiv Erfahrungen mit dem Thema Demokratie“

„Generell“, so schreibt der Schulleiter, sehe das Schulgesetz es vor, daß Schüler einen schriftlichen Antrag ihrer Erziehungsberechtigten auf Befreiung vom Unterricht benötigten. Hierfür brauche es einen „wichtigen Grund“. Als solcher seien Demonstrationen im Schulgesetz „nicht ausdrücklich genannt“.

Allerdings habe man in diesem Jahr das Schulmotto „Demokratie beweg(t) dich“ und deshalb sei er „gern bereit, den Schülerinnen und Schülern, die mit einem ernsthaften Interesse an der Demonstration am 15. März teilnehmen möchten, die Gelegenheit zu geben, auf diesem Wege aktiv Erfahrungen mit dem Thema Demokratie zu sammeln, wenn ihre Eltern dies bei mir beantragen“. Normalerweise betrage die Frist für so einen Antrag sieben Werktage, in diesem Fall werde darauf aber ausnahmsweise verzichtet.

Die Eltern müßten allerdings bedenken, daß es sich bei dem Streik um keine Schulveranstaltung handle. Deshalb würden „keine aufsichtführenden Lehrkräfte die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler begleiten“. Das dürfte angesichts der verzückten Elternschaft auch kaum notwendig sein und entsprechend groß wird wohl die Teilnahme der Schule aus dem Berliner Südosten am Freitag beim Schülerstreik ausfallen.

Wahres Rebellentum wird sich an diesem Tag jedoch an anderer Stelle zeigen. Während die Heerscharen von Greta-Jüngern in Deutschlands Innenstädten Streik spielen, werden die echten Outlaws und Anarchos mit gemachten Hausaufgaben pünktlich zu Unterrichtsbeginn die Schulbank drücken.

Schülerstreik in Frankfurt am Main Foto: picture alliance/Frank Rumpenhorst/dpa
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