Der rot-rot-grüne Senat in Berlin will und muß an seiner Absicht, Tegel zu schließen, festhalten, verkündete er schon vor und wieder unmittelbar nach der für ihn verloren gegangenen Volksabstimmung vom September 2017. Die Mehrheit der Berliner hatte sich darin für die Offenhaltung des Flughafen Tegel entschieden.
Wer dennoch einen letzten Funken Hoffnung hegte, der Senat könnte sich vielleicht besinnen und seine starre Haltung revidieren, wurde mit dem endgültigen Beschluß vom Dienstag dieser Woche enttäuscht. Tegel soll nach Inbetriebnahme des BER stillgelegt werden. Dieser Beschluß ist aber aus zwei Gründen falsch.
Der Senat handelt klar gegen den Volkswillen
Erstens: Politisch hat der rot-rot-grüne Senat zunächst klar gemacht, daß er das Votum der Wähler schlicht ignoriert. So etwas kann sich eine Regierung möglicherweise aus einer Position der Stärke heraus leisten. Aber nur wenn wirklich alle Fakten überzeugend auf dem Tisch lägen, die eine Zuwiderhandlung gegen den Volkswillen rechtfertigen würden. Das ist aber mitnichten der Fall: Denn es ist nicht gesichert, daß der BER 2020 tatsächlich in Betrieb geht.
Es ist weiter nicht gesichert, sondern viel eher unwahrscheinlich, daß dieser künftig tatsächlich die Gesamtnachfrage des Berliner und Brandenburger Luftverkehrs kapazitätsmäßig abwickeln kann. Fachliche Gutachten zeigen das Gegenteil. Dies wäre allerdings die rechtlich zwingende Voraussetzung, den Schließungsakt für Tegel vollziehen zu können. Darauf hatte der vom Senat eingesetzte Gutachter Dr. Stefan Paetow hingewiesen.
Es ist vielmehr auch nicht nachgewiesen, daß der Weiterbetrieb des Flughafens „Otto Lilienthal“ parallel zum geplanten BER unrentabel ist, wie es der Senat in der Handreichung zur Volksabstimmung fälschlicherweise behauptet hat. Entsprechende Simulationsrechnungen wurden gar nicht erst angestellt.
Der Senat hält Gutachten zurück, das die Profitabilität Tegels zeigen soll
Vielmehr gibt es ein von der Flughafengesellschaft beauftragtes ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PWC), das aber unter Verschluß gehalten wird. Denn entgegen der Absicht des Auftraggebers, also auch des Senats, belegt es wohl die Profitabilität von Tegel. Transparenz sieht anders aus.
Ebenfalls ist die vor dem Volksentscheid veröffentlichte Kostenangabe der zum Weiterbetrieb erforderlichen TXL-Re-Investitionen unseriös. Insbesondere bei der Frage des Lärmschutzes wurde mit völlig überzogenen Summen hantiert, die nach Kritik in weiteren Ausschußberatungen im Parlament immer weiter zusammenschrumpften. Hier sollte populistische Angstmacherei die Bürger falsch beeinflussen.
Die Tatsache, daß der Senat mit diesen falschen Angaben in die Gespräche mit den Mitgesellschaftern Bund und Brandenburg gegangen ist, und diese dann, wie überraschend, ablehnten, ist ein Spiel mit gezinkten Karten. Der Sachzwang, man könne nach der Ablehnung der Mitgesellschafter als Land Berlin ja gar nicht alleine handeln, fällt so als Zirkelschluß in sich zusammen. Diese offensichtlichen Mängel belasten die Zuverlässigkeit der Senatsentscheidung.
Der Senat versäumt die Weiterentwicklung des Berliner Flughafensystems
Zweitens: Mit der Entscheidung hat es der Senat versäumt, sich angesichts der tatsächlichen Unsicherheiten, die seinen Beschluß konterkarieren, der weiteren parlamentarischen und öffentlichen Diskussion zu stellen. Und so hat er auch verschlafen ein zukunftsfähiges, an der wachsenden Nachfrage des Luftverkehrs für die Metropolregion Berlin-Brandenburg orientiertes Flughafensystem, das mindestens für die nächsten 30, 40 Jahre trägt, zu gestalten.
Es bleibt das Geheimnis des Senats, wie er entgegen Profis aus der Airport-Fachwelt, davon ausgeht, daß der BER als Single-Airport ohne dritte Startbahn das künftige Wachstum ab 2030 auffangen will. Die Reduzierung der Kapazität eines Flughafensystems von 6 Start- und Landebahnen 1995 auf nur einen Flughafen mit zwei Pisten bei gleichzeitigem überdurchschnittlichem Wachstum bis und ab 2020 ist weltweit einmalig.
Im Ergebnis bleibt der Senat – unabhängig von der Dauerbelastung durch einen neuen Untersuchungsausschuß – bis zum Ende der Legislaturperiode unter massiven Druck. Seine verfehlte Flughafenpolitik wird zu seinem Menetekel.
– – – – –
Frank-Christian Hansel ist AfD-Politiker und Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses.