Vor gut zehn Jahren zirkulierte in US-Regierungskreisen der „Biden-Plan“, der zum Inhalt hatte, die Konfliktparteien im Irak durch eine Aufteilung des Landes zu separieren. Es war vor allem die Aussicht auf einen kurdischen Teilstaat im Irak, der die Anrainerstaaten – und hier insbesondere die Türkei mit ihren Kurdengebieten – schnell auf Distanz zu diesem Plan brachte.
Das Kurdenreferendum, bei dem eine deutliche Mehrheit der Kurden für eine Abspaltung ihrer erdölreichen Siedlungsgebiete vom Irak optiert haben, bringt diese Diskussion nun wieder auf die Tagesordnung. Iraks Vize-Präsident Nuri al-Maliki ortet deshalb eine „Kriegserklärung an die Einheit des irakischen Volks“. Und der türkische Staatspräsident Erdoğan drohte unter anderem damit, die türkische Grenze zum Irak schließen. Das würde die Kurden empfindlich treffen, fließen doch täglich hunderttausende Barrel Öl durch türkische Pipelines.
Eiertanz von Sigmar Gabriel
Deutschland, das im Fall der völkerrechtlichen Anerkennung des Kosovo noch vorangeprescht war, sieht sich diesmal zwischen den Fronten; es hat die Kurden im Kampf gegen den IS unterstützt. So bleibt Bundesaußenminister Gabriel nur ein diplomatischer Eiertanz, dessen laue Quintessenz lautet, daß Streitfragen „im Dialog gelöst werden“ müßten. Den irakischen Kurden steht der Sinn aber keineswegs nach „Dialog“. Für sie ist das Referendum die nächste Etappe auf dem Weg in Richtung des seit langem angestrebten Kurdenstaates, für den die Aussichten derzeit besser denn je sind.