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Volksentscheid am TV: Zum Haareraufen

Volksentscheid am TV: Zum Haareraufen

Volksentscheid am TV: Zum Haareraufen

flugzeug
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In dem Gerichtsdrama hat ein islamistischer Terrorist eine Lufthansa-Maschine entführt und steuert auf die Münchner Fußballarena zu Foto: picture alliance / dpa
Volksentscheid am TV
 

Zum Haareraufen

Die Zuschauer haben im ARD-Fernsehexperiment den fiktiven Luftwaffen-Pilot Lars Koch, der ein entführtes Flugzeug mit 164 Passagieren abschoß, freigesprochen. Das Ergebnis läßt vermuten, was mit dem bunten Kuschelkurs hierzulande passieren würde, wenn die Bürger per Volksentscheid die Politik bestimmen könnten. Ein Kommentar von Bernd Rademacher.
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Die ARD machte aus dem Theaterstück „Terror – Ihr Urteil“ des Juristen Ferdinand von Schirach ein Fernsehspiel. Die Zuschauer durften darüber abstimmen, ob der fiktive Luftwaffen-Pilot Lars Koch, der ein von Terroristen gekapertes Flugzeug mit 164 Passagieren abschoß, bevor es in die mit 70.000 Fans besetzte Münchener Fußball-Arena gelenkt werden konnte, wegen Mordes verurteilt werden soll. Das Ergebnis war gleich in mehrfacher Hinsicht eine Blamage für unsere Elite.

Zunächst sollte die milliardenschwere Rundfunkanstalt erklären, warum die Zuschauer, die ohnehin GEZ-Gebühr zahlen, eine kostenpflichtige Telefon-Hotline anrufen mußten, um abzustimmen. Offenbar hat die ARD trotz der opulenten Werbung das Anrufaufkommen unterschätzt, denn die Leitung brach prompt wegen Überlastung zusammen. Auch die Voting-Option auf der Internetseite der ARD fiel zeitweise aus. Das wäre bei den Privaten nicht passiert.

Fernsehvolk versagt der grundgesetzfetischistischen Politischen Korrektheit die Gefolgschaft

Die Abstimmung fiel so aus, wie jeder nach gesundem Menschenverstand aus dem Bauch heraus urteilen würde: Natürlich ist der Soldat kein Mörder, denn er handelt nicht aus niederen Beweggründen. 87 Prozent der Zuschauer sahen das so. In der dargestellten Situation hieße die Frage: Nehme ich 164 unschuldige Opfer in Kauf oder 70.164? Zudem darf sich der Staat nicht erpressen lassen, wie schon Helmut Schmidt während der Schleyer-Entführung entschied.

In der anschließenden „hart aber fair“-Sendung palaverte die Runde über den Freispruch durch die Zuschauer: Ex-Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung attestierte einen „übergesetzlichen Notstand“, der eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes übertrumpfe, nach der „Menschenleben nicht aufgerechnet werden dürfen.“ Ex-Kampfjet-Flieger Thomas Wassmann sagte, er hätte genauso gehandelt. Theologin Petra Bahr argumentierte erwartungsgemäß, der Mensch dürfe nicht „Gott spielen“.

„Ist dies das Prinzip, für das wir damals angetreten sind?!“

Das linksliberale FDP-Fossil Gerhard Baum (von 1978 bis 1982 Bundesinnenminister) verlor ob der Unbotmäßigkeit des TV-Volkes die Fassung und schimpfte: „Ist dies das Prinzip, für das wir damals angetreten sind?!“ Selbst Moderator Frank Plasberg amüsierte der Ausfall Baums und stichelte, für einen echten Demokraten könne es doch nichts Schöneres geben, als die Meinung des Volkes zu vernehmen. „Er ist formal ein Mörder!“, ereiferte sich der 84jährige Politiker.

Man muß den Ärger des Mannes verstehen: Über 40 Jahre linksliberale Volkserziehung und dann schütteln sich die Leute wie nasse Hunde und haben mit einem Mal alles vergessen, was Politik und Medien gepredigt haben und stimmen nach ihrem zwielichtigen „Volksempfinden“ ab – zum Haareraufen! Das TV-Experiment läßt vermuten, was mit dem bunten Kuschelkurs hierzulande passieren würde, wenn die Bürger per Volksentscheid die Politik bestimmen könnten.

Vielleicht erkennen die Zuschauer aber auch, daß diese Ethik-Diskussion heuchlerisch ist. Dieselben Meinungsmacher, die Terroristen verschonen wollen, weil der Mensch nicht „Gott spielen“ darf, haben damit beispielsweise im Falle von Abtreibungen gar kein Problem. Und hat letztlich nicht die Regierung selbst durch zahllose Gesetzesbrüche dafür gesorgt, daß das Leben ihrer Bürger in Gefahr von Terroranschlägen geraten ist …?

In dem Gerichtsdrama hat ein islamistischer Terrorist eine Lufthansa-Maschine entführt und steuert auf die Münchner Fußballarena zu Foto: picture alliance / dpa
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