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Meinung: Sprachpolizei warnt vor verbalen Tretminen

Meinung: Sprachpolizei warnt vor verbalen Tretminen

Meinung: Sprachpolizei warnt vor verbalen Tretminen

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Vorsicht vor gefährlicher Sprache Foto: picture alliance/dpa
Meinung
 

Sprachpolizei warnt vor verbalen Tretminen

Hinterlistige Rechte haben unzählige verbale Fallstricke in unseren allgemeinen Sprachgebrauch eingewoben. Wann immer jemand Begriffe wie „Obergrenze“, „Asylkritiker“ oder „Flüchtlingswelle“ verwendet, reiben sie sich vergnügt die Hände. Und die Gefahr lauert überall.
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Vor gut einem Jahr fragte „Panorama“, wie der Flüchtlingsstrom gestoppt werden könne. Mit Zäunen, Transitzonen oder Grenzkontrollen? Ob sich das NDR-Magazin damals bewußt war, daß es mit dieser Formulierung dafür sorgte, „rechte Sprache“ in den Medien salonfähig zu machen?

So zumindest lautet die Argumentation der Kollegen vom NDR-Medienmagazin „Zapp“, die in einem aktuellen Beitrag vor der „gefährlichen Übernahme“ rechter „Floskeln“ warnen. Und die Gefahr lauert überall. Kaum ein Wort, das nicht verdächtig ist. Doch zum Glück gibt’s „Zapp“ und die Experten von der Sprachpolizei, wie den Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch und die Sprach- und Kognitionsforscherin Elisabeth Wehling.

„Überfremdung“ = nationalsozialistisch

Sie warnen, wie leicht eine unbedachte Formulierung eine Kettenreaktion in Gang setzen kann. Da ist zum Beispiel die islamkritische Bewegung Pegida, die gegen eine „vermeintliche ‘Überfremdung’“ demonstriert. Am Anfang wird in Berichten über Pegida das Wort noch in Anführungszeichen gesetzt.

Nach und nach aber berichten dann immer mehr Medien von einer „Sorge vor Überfremdung“, allerdings ohne Anführungszeichen. Und – schwuppdiwupp – hat sich der Begriff in den allgemeinen Sprachgebrauch geschlichen. Und das, obwohl die Formulierung „Überfremdung“ doch eigentlich nationalsozialistisch ist. Dies führt laut Sprachwissenschaftler Stefanowitsch dazu, daß „das, was sagbar ist, immer weiter ins Extreme verschoben wird“.

Solche verbalen Tretminen gibt es viele: „Asylkritiker“? Geht nicht, dies ist eine „verharmlosende und euphemistische (Selbst-)Bezeichnung von fremdenfeindlich gesinnten Menschen“. „Flüchtlingsansturm“? Auf keinen Fall, dadurch werden Menschen „zur Masse, die einen Angriff durchführt“.

„Entmenschlichende Wassermetapher“

„Flüchtlingswelle“ oder „Flüchtlingsstrom“? Gott bewahre, schließlich handelt es sich dabei um eine „entmenschlichende Wassermetapher, die Schutz suchende Menschen mit einer Naturkatastrophe gleichsetzt“. Auch „Flüchtlingskrise“, „Gutmensch“ und „Mainstream-Medien“ sind rechtspopulistisch Floskeln und damit tabu. Selbst die von der CSU regelmäßig geforderte Obergrenze verbietet sich. Denn dabei handelt es sich um einen Begriff, „der eine Nation als Gefäß mit begrenztem Raum darstellt, den man vor dem Überlaufen bewahren muß“.

Was also tun, angesichts der allgegenwärtigen Fallstricke, die hinterlistige Rechte verbal in die Gesellschaft eingewoben haben? Journalisten rät Sprachforscherin Wehling, genau auf ihre Wortwahl zu achten und zu überlegen, ob die mit den beabsichtigten Begriffen verbundene Botschaft auch gewünscht ist. Allen anderen Konsumenten des NDR empfiehlt sich dagegen eine wesentlich einfachere Lösung: abschalten.

Vorsicht vor gefährlicher Sprache Foto: picture alliance/dpa
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