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Bankenkrise: Der Weg ins Verderben

Bankenkrise: Der Weg ins Verderben

Bankenkrise: Der Weg ins Verderben

Marioa Draghi
Marioa Draghi
Mario Draghi Foto: picture alliance / AP Photo
Bankenkrise
 

Der Weg ins Verderben

Der jüngste Streßtest für Banken hat laut Leitmedien gezeigt, daß die Branche angeblich stabil ist. In Wirklichkeit aber brodelt es an den Finanzmärkten. Niedrigzins und Haftungsunion drohen, das Kartenhaus der EZB zum Einsturz zu bringen. Ein Kommentar von Bruno Hollnagel.
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Komisch: Bei dem Banken-Streßtest vor wenigen Wochen, konnte gar keine Bank durchfallen. Befürchteten die Verantwortlichen statt einer Beruhigung einen Bankenrun, vor allem bei Banco Monte dei Paschi, die am schlechtesten abschnitt? Wenig hoffnungsfroh stimmte auch die Aussage des EZB-Chef Mario Draghi, wonach es bei außergewöhnlichen Umständen wichtig sei, „öffentlichen Rückhalt“ zu haben. Das und dem Bankenstresstest lassen erahnen, daß gewisse Banken einen Konjunktureinbruch oder eine platzende Immobilienblase kaum ohne Hilfen überstehen würden.

Wie kam es dazu? Am Anfang war der Euro, der die verschiedenen europäischen Mentalitäten, Wirtschaftsordnungen und Strukturen politisch und wirtschaftlich vereinigen sollte. Dabei ignorierten die Initiatoren die Ökonomen, die warnend ihre Finger hoben.

Schwankende Wechselkurse haben wichtige Funktion

Wie sich zeigte, zogen die Architekten der Einheitswährung offenbar nicht die Bedeutung schwankender Wechselkurse ins Kalkül. Früher führten wirtschaftliche Leistungsunterschiede unter den Staaten zu Handels- und Zahlungsbilanzdefiziten. Im freien Spiel der Kräfte fiel dann die Währung des wirtschaftlich schwächeren Landes. Deren Produkte wurden dadurch im Ausland billiger, wodurch das Handelsbilanzdefizit abgebaut werden konnte.

Mit dem Euro entfiel diese Möglichkeit des Handelsbilanzausgleichs. Unter einer Einheitswährung gelingt ein Zahlungsbilanzausgleich nur durch (höhere Anstrengungen oder durch) mehr Kredite. Die Kredite aber schwächen die Schwachen durch zusätzliche Zinszahlungen und stärken die Starken durch Zinseinnahmen.

Staatsfinanzierte Beschäftigungsprogramme und unsolide Haushaltsführung der Staaten erhöhten die Staatsverschuldung. Der wirtschaftliche Aufschwung war einer auf Pump, der am Ende mit Zinseszins bezahlt werden mußte und sich auf die Staatsverschuldung niederschlug.

Verstärkend kam hinzu, daß durch das Fehlmanagement sehr vieler Banken die amerikanische Subprime-Krise nach Europa importiert wurde. Staaten fühlten sich veranlaßt, die am Markt gescheiterten Banken mit staatlichen Mitteln zu stützen. Zwei ordnungspolitischer Fehler wurden sichtbar: Zum einen darf ein Staat niemals Marktversager stützen, da das zu Marktverzerrungen führt. Zum anderen darf keine Firma derart stark werden, daß sie systemrelevant wird und dann den Staat erpressen kann.

Im Ergebnis wurde der Verschuldungsgrad vieler Staaten derart hoch, daß sich die EZB veranlaßt sah, durch immer tiefere Leitzinsen die Zahlungsfähigkeit von Staaten aufrechtzuerhalten. Der Zins verlor seine Kapital-lenkende Wirkung: Im Normalfall bildet sich die Zinshöhe an einem freien Markt nach Angebot und Nachfrage und dem Chancen/Risiko-Verhältnis. Demnach müssen höhere Risiken mit höheren Zinsen bezahlt werden. Dies aber verhinderte die EZB Zinspolitik. Das Ergebnis: Anleger waren nicht mehr bereit Risikopapiere (zum Beispiel griechische Staatsanleihen) zu kaufen.

Rettungsschirme sind immer bedenklich

Dadurch war die Refinanzierung von Staatsschulden am Markt zum Teil nicht mehr gegeben. Um Staatskonkurse abzuwenden, wurden sogenannte Rettungsschirme installiert. Das war in zweierlei Hinsicht bedenklich. Zum einen, weil damit die No-Bailout-Klausel der Verträge von Maastricht unterlaufen wurde und zum anderen, weil die EU vertragswidrig zu einer Haftungsunion wurde, die eigenverantwortliches Handeln untergrub.

Die Niedrigzinsen hatten ferner zur Folge, daß seine Ausgaben-disziplinierende Wirkung durch hohe Zinsen entfiel. Drohen bei einer Überschuldung keine hohen Zinsen und kann sich der Schuldner sogar auf Unterstützung der Partner verlassen (Haftungsunion) sieht offenbar manche Regierung keine Notwendigkeit, sorgsam zu wirtschaften.

Zwar drohten auf dem Papier Sanktionen, doch in der Praxis wurde der nachhaltige Bruch der Stabilitätskriterien nicht geahndet. Die Folge: die Staatsverschuldungen der EU-Staaten stiegen weiter. Alleine in Italien beispielsweise selbst nach der Subprime-Krise um 500 Milliarden Euro. Wird bedacht, daß seitdem die Zinsen stark gesunken waren und dass dadurch erhebliche Zinseinsparungen auf Altschulden erzielt wurden, läßt sich erahnen, wie leichtfertig manche Staaten gewirtschaftet haben.

Auch Banken, vor Insolvenzen staatlich geschützt, überschuldeten sich. So stehen beispielsweise ca. 360 Milliarden Euro fauler Kredite in den Büchern italienischer Banken. Das sind etwa zwanzig Prozent all ihrer Kredite. Faule Kredite und Tiefzinspolitik lähmten die Ertragsfähigkeit der Banken. Ihnen mangelt es an Kernkapital. Das aber ist erforderlich, um neue Kredite herausgeben zu können.

Sinkende Neukredite und dämpfende Einflüsse auf die Konjunktur sind die Folgen. Das ist schlecht für den allgemeinen Wohlstand. Werden zudem die negativen Effekte der Niedrigzinsen für die Sparer und deren Altersvorsorge und die Gefahr von Blasenbildungen und diverse ungelöste Probleme ins Kalkül gezogen, so ist eine unheilvolle Gemengelage zu diagnostizieren. Die Fortentwicklung lässt nichts Gutes erahnen.

Mario Draghi Foto: picture alliance / AP Photo
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