Sind Homosexuelle bessere Menschen? Wer sich mit den Reaktionen auf das Coming-out des ehemaligen Fußballnationalspielers Thomas Hitzlsperger beschäftigt, könnte durchaus zu der Ansicht gelangen. Bundeskanzlerin Angela Merkel lobt dessen Entscheidung, seine sexuelle Orientierung öffentlich zu machen. Der ehemalige Bundesaußenminister Guido Westerwelle zollt seinem „Mut“ größten Respekt und erhofft sich von dem Schritt eine Ermutigung für weitere Homosexuelle, die sich aus Scheu noch nicht zu ihrer Neigung bekannt haben.
Der britische Premierminister David Cameron gesteht über Twitter seine Begeisterung für Hitzlsperger ein. Er habe ihn schon früher dafür bewundert, was er auf dem Rasen geleistet habe, aber nun bewundere er ihn noch mehr. Ähnlich äußert sich DFB-Präsident Wolfgang Niersbach: Hitzlsperger sei als Nationalspieler schon immer ein Vorbild gewesen, vor dem er höchsten Respekt gehabt habe. Dieser Respekt sei nun noch gewachsen. Auch die Medien überschlagen sich unisono vor Begeisterung über Hitzlsperger Coming-out. Beim ZDF-„Heute-Journal“ war die Angelegenheit sogar Tagesthema.
Die sexuelle Orientierung der Spieler ist so nebensächlich wie ihre Schuhgröße
Nur was hat Hitzlsperger eigentlich geleistet, das solche Reaktionen berechtigt? Er hat öffentlich eingestanden, „Gefühle für Männer“ zu hegen. Na und? Was ist daran besonders mutig? Wer ein solches Bekenntnis als herausragende Tat darstellt, suggeriert, daß Homosexuelle in Deutschland verfolgt und geächtet würden. Doch das Gegenteil ist der Fall. Homosexuelle gelten zumindest in der Öffentlichkeit als hip, witzig und kreativ. Als das Gegenteil von langweilig. Als couragierte, mutige Freigeister, als Menschen mit Stil. Heutzutage erfordert es schon bald mehr Mut, sich in einer Talkshow zum katholischen Glauben zu bekennen als sich als Homosexueller zu outen.
Politik, Medien und DFB haben sich schon seit langem krampfhaft darum bemüht, endlich einen homosexuellen Fußballprofi präsentieren zu können. Mit Hitzlsperger gibt es jetzt wenigstens einen schwulen ehemaligen Nationalspieler. Doch was folgt daraus? Welche Bedeutung hat Hitzlsperger Bekenntnis für den Profifußball? Gar keine, denn beim Fußball geht es um Tore, um Sieg oder Niederlage, Spannung und Leidenschaft. Die sexuelle Orientierung der Spieler ist dabei so nebensächlich wie ihre Schuhgröße.
Wer sich wünscht, daß Homosexualität als etwas Normales angesehen wird, sollte sie nicht als etwas Herausragendes hervorheben. Schließlich würde das öffentliche Bekenntnis einer heterosexuellen Fußballspielerin auch niemanden vom Hocker werfen. Profifußballer können aus vielerlei Gründen Vorbilder sein, die sexuelle Orientierung aber gehört nicht dazu.