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Meinung: Kastraten in Uniform

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Meinung
 

Kastraten in Uniform

Nur noch lächerlich, ohne Anlaß für Respekt, das ist das Bild, welches das heutige Schutzmännchen oder Schutzweibchen vermitteln möchte. Einen Eindruck davon konnte man diesen Freitag in Neukölln gewinnen. Ein Kommentar von Fabian Schmidt-Ahmad.
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Es ist noch gar nicht so lange her, da war der Polizist eine Respektsperson. Bereits der Anblick seiner Uniform vermittelte das Gefühl öffentlicher Sicherheit. Doch dieser Respekt ihm gegenüber wurde nicht durch diese Uniform begründet, auch nicht durch seine staatliche Legitimation als Hüter dieser Sicherheit. Man kann es drehen und wenden wie man will: der Respekt dem Polizisten gegenüber lag in dem langen Ding begründet, das an seiner Seite hin und her baumelte.

Der Schutzmann des Kaiserreichs war ein bulliger Typ. Für ihn war öffentliche Sicherheit nichts Abstraktes, sondern etwas, daß durch Zupacken – und auch Zulangen – verteidigt wird. Gewiß war er dadurch der Halbwelt verhaßt, jenem Milieu der Uneindeutigkeiten, welches seine Geschäfte lieber im Zwielicht erledigt. Aber dennoch wurde er von ihr respektiert. Man machte sich über die „Bullen“ lustig, über ihre angebliche Schwerfälligkeit, aber man respektierte sie.

Seit Generationen arbeiten nun die Anwälte dieser Halbwelt daran, den ihnen verhaßten Schutzmann zu beseitigen. An diversen gesellschaftlichen Schaltstellen sitzen sie, im Kostüm der Staatsmacht, aber mit dem gleichen heimtückisch-furchtsamen Blick auf den Polizisten, wie es dem kleinen Gauner gebührt, der sie innerlich noch immer sind. Mit Erfolg, wie man sagen muß. Denn der Schutzmann von damals, er ist ein Eunuch geworden.

Ohne Anlaß für Respekt

Nur noch lächerlich, ohne Anlaß für Respekt, das ist das Bild, welches das heutige Schutzmännchen oder Schutzweibchen vermitteln möchte. Zwei Polizisten fahren langsam die Karl-Marx-Straße in Neukölln entlang. Als sie anhalten, setzt sich ein BMW vor das Polizeifahrzeug. Zwei junge Männer steigen aus – wahrscheinlich Bayern-Touristen, der Polizeibericht schweigt hierzu – und pöbelt die Polizisten an, die Polizeibeamtin fängt sich gleich eine Ohrfeige.

Es läßt sich schwer eine alltägliche Situation denken, in der die beiden Männer noch deutlicher ihre Verachtung zum Ausdruck hätten bringen können. Und das Verhalten dieser Uniformträger rechtfertigt diese Verachtung. „Während des Einsatzes entstand eine Menschentraube von rund 70 Personen, die das Geschehen verfolgte. Den Beamten kam jedoch niemand zu Hilfe“, heißt es weinerlich im Polizeibericht.

Was hätte ich tun sollen? Auf die Polizisten zugehen, sie in den Arm nehmen und trösten? War alles nicht so gemeint, alles nur ein Mißverständnis? Nächstes Mal besser gleich verschwinden, dann tut das auch nicht so weh? Siebzig Menschen haben das gesehen. Siebzig Menschen haben gesehen, wie die Polizisten von den beiden Männern behandelt wurden, wie erst hinzueilende Kollegen sie besänftigten konnten, wie deren Personalien aufgenommen wurden und sie weiterfuhren.

Sollte einer von diesen siebzig Menschen in eine Auseinandersetzung mit diesen beiden jungen Männern geraten – wie gesagt, wahrscheinlich Bayern-Touristen –, wer glaubt, daß nach diesem Auftritt einer von diesen siebzig Menschen die Polizei zu Hilfe rufen wird? Der Schutzmann, es gibt ihn nicht mehr. Stattdessen gibt es nur Kastraten in Uniform, welche für staatstragende Gauner Jagd auf Steuersünder machen dürfen. Sonst nichts.

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