Am 5. November wählte der Stadtrat von Bad Salzuflen in Nordrhein-Westfalen die AfD-Politikerin Sabine Reinknecht in das Amt einer stellvertretenden Bürgermeisterin. Die Friseurmeisterin war selbst überrascht; sie hatte Stimmen über ihre eigene Fraktion hinaus bekommen. AfD-Chefin Alice Weidel sprach daraufhin von einem „sensationellen Erfolg“.
Doch bereits am Mittwoch, zwei Wochen später, wollen die anderen Fraktionen, darunter CDU, SPD und Grüne, die Wahl wieder rückgängig machen. Um 17 Uhr kommt der Stadtrat zusammen. „Unser gemeinsames Ziel ist es, die demokratischen Institutionen zu unterstützen, stabile Rahmenbedingungen für die politische Arbeit zu schaffen und das Ansehen unserer Stadt nachhaltig zu sichern“, teilten die Parteien gemeinsam mit (die JF berichtete).
Frau Reinknecht, der Bürgermeister von Bad Salzuflen, Dirk Tolkemitt von der CDU, hat direkt nach der Abstimmung am 5. November mit Blick auf Ihre Wahl von „dieser schlimmen Sache“ gesprochen. Was haben Sie eigentlich verbrochen?
Sabine Reinknecht: Gar nichts. Ich bin in geheimer Wahl mit 16 Stimmen gewählt worden – also mit deutlich mehr Stimmen, als die AfD Sitze im Rat hat. Das zeigt: Meine Arbeit und mein Auftreten werden über Parteigrenzen hinweg geschätzt. Daß man dieses Ergebnis jetzt rückgängig machen will, hat nichts mit meinem Verhalten zu tun, sondern ausschließlich mit parteipolitischer Taktik. Demokratie scheint manchen nur dann zu passen, wenn das Ergebnis ihren Vorstellungen entspricht.
In den Medien kursiert der Vorwurf, Sie hätten bei Facebook einen Post eines anderen Nutzers geteilt, in dem das Bild eines Dunkelhäutigen mit „eingewanderten ‚Zuchtbullen‘“ in Verbindung gebracht worden sein soll. Was sagen Sie dazu?
Reinknecht: Die Formulierung entspricht in keiner Weise meinen Wertvorstellungen. Die Auswahl meiner geteilten Inhalte erfolgt oft spontan. Zudem mache ich mir die Aussage eines geteilten Beitrags nicht automatisch zu eigen. Durch meine neue öffentliche Rolle möchte ich künftig bewußter darauf achten, welche Inhalte ich in die politische Diskussion einbringe.
„Ich finde es befremdlich“
Mittlerweile haben Sie Ihre Posts gelöscht…
Reinknecht: Durch die öffentliche Aufmerksamkeit ist mir bewußt geworden, wie unterschiedlich meine Kommunikation aufgefaßt werden kann. Ich möchte betonen, daß ich mir für Bad Salzuflen eine respektvolle und zugewandte Kommunikation wünsche – und genau dafür stehe ich auch ein.
Wie bewerten Sie das Verhalten der anderen Parteien?
Reinknecht: Ich finde es befremdlich. Das ist kein souveräner Umgang mit einer demokratischen Entscheidung. Statt zu akzeptieren, daß ein Amt überparteilich besetzt werden kann, versucht man mit allen Mitteln, ein unliebsames Ergebnis zu revidieren. Das schadet dem Vertrauen in den Rat und am Ende auch der politischen Kultur in unserer Stadt.
Wie wollten Sie Ihr Amt ausfüllen?
Reinknecht: Genau so, wie es die Wähler erwarten: bürgernah, pragmatisch und zuverlässig. Ich wollte mich besonders für Themen einsetzen, die in Bad Salzuflen oft untergehen – von der Unterstützung des Ehrenamts über soziale Projekte bis hin zu einer starken Stimme für die Ortsteile. Ich sehe das Amt als Brückenfunktion, nicht als Bühne für parteipolitische Grabenkämpfe.
Warum engagieren Sie sich eigentlich für die AfD?
Reinknecht: Weil ich überzeugt bin, daß die Kommunalpolitik wieder näher an die Bürger rücken muß. Transparenz, Ehrlichkeit und klare Worte sind für mich entscheidend. Ich sehe mich nicht als ideologische Kämpferin, sondern als sachorientierte Kommunalpolitikerin. Mir geht es um Lösungen für Bad Salzuflen – nicht um Rituale der etablierten Parteien.
„Ich habe durchaus Signale bekommen“
Was erwarten Sie mit Blick auf die Sitzung am Mittwoch? Kommt die Zwei-Drittel-Mehrheit für Ihre Abwahl zustande?
Reinknecht: Ich hoffe, daß sich genug Ratsmitglieder an das erinnern, was Demokratie eigentlich bedeutet: ein Wahlergebnis zu respektieren. Ob die Mehrheit zustande kommt, wird man sehen. Aber jeder Einzelne wird sich erklären müssen – auch gegenüber den Bürgern, die uns zu fast 20 Prozent gewählt haben.
Haben Sie unter der Hand auch Unterstützung aus anderen Parteien bekommen?
Reinknecht: Ich habe durchaus Signale bekommen, daß manche meine Arbeit schätzen – auch jenseits meiner eigenen Fraktion. Die geheime Wahl hat gezeigt, daß es Ratsmitglieder gibt, die sich von Parteidisziplin nicht einschüchtern lassen. Dafür bin ich dankbar.
Nach dieser ganzen Geschichte: Wie werden Sie von Ihrer Seite aus in Zukunft mit den anderen Fraktionen umgehen?
Reinknecht: Genauso professionell wie bisher. Ich bin nicht nachtragend. Mein Anspruch ist es, für die Stadt zu arbeiten – unabhängig davon, wie andere sich mir gegenüber verhalten. Ich lasse mich nicht in parteipolitische Kleinkriege hineinziehen. Wer konstruktiv arbeiten will, findet in mir jederzeit eine Gesprächspartnerin.





