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„Der Papst braucht Verbündete“

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Pater Schmidberger, in den Medien liest man: „Papst rehabilitiert Holocaust-Leugner“. Gemeint ist ein Bischof Ihrer Priesterbruderschaft St. Pius X., Richard Williamson. Schmidberger: Die Veröffentlichung der Aussagen von Bischof Williamson und die Rücknahme des Exkommunikationsdekrets gegen die vier Bischöfe der Bruderschaft fallen zwar zeitlich zusammen, sind aber sachlich streng zu trennen – sie sind vollkommen unabhängig voneinander. Das Interview mit Bischof Williamson stammt von Anfang November 2008; das Dekret aus Rom trägt das Datum des 21. Januar 2009. Genau an diesem selben Tag strahlte man die Sendung aus. Zufall? – Rom kannte also diese Äußerungen im Augenblick der Unterschrift nicht. Was hat der Papst eigentlich damit gewollt? Schmidberger: Der Papst wollte nach seinem Motu Proprio, also seinem apostolisches Schreiben vom 7. Juli 2007, mit dem er die überlieferte heilige Messe in die Kirche zurückholte, nunmehr auch jene Wunde heilen, die seit zwanzig Jahren klafft. Wenn diese tridentinische oder auch gregorianische, sogenannte „alte“ Messe nie verboten war, warum sollten dann jene weiter unter Strafe stehen, die sie feiern? Außerdem braucht der Papst Verbündete, Männer mit Glaubenskraft, die ihm bei der Rechristianisierung Europas helfen. Was bedeutet dieser Schritt für die Piusbruderschaft? Schmidberger: Eine große Ermutigung, den eingeschlagenen Weg weiter zu beschreiten. Obwohl noch viele Fragen zu klären sind, können wir jetzt ganz anders in die Kirche hineinwirken und vielen Seelen die Quellen der Gnade neu erschließen. Wir können jetzt den christlichen Glauben in den Seelen vieler Katholiken zu neuem Eifer anspornen. Wofür genau steht also die Piusbruderschaft? Schmidberger: Die Erneuerung der Kirche an Haupt und Gliedern gemäß dem Geist ihres göttlichen Stifters. Sie steht also für Neuevangelisierung, für Aufbruch, für Aufbau einer Christenheit im kleinen. Wir sind weder reaktionär noch fundamentalistisch, sondern katholisch, römisch-katholisch; und darauf sind wir in der Tat stolz. Wir sind Opferpriester, Apostel Jesu Christi, Kämpfer für sein Königtum. Wir stehen für Liebe zur Familie und zum Vaterland mit seiner Kultur und Geschichte. Wir stehen für ein Leben aus der Fülle des Glaubens mit all seinen Konsequenzen in allen Lebensbereichen. Kommen Sie zu meinen Exerzitienkursen, und Sie werden sehen. Der „Spiegel“ hat der Piusbruderschaft jüngst Antisemitismus vorgeworfen. Schmidberger: Zunächst einmal steckt in diesem Wort „von Sem, dem Sohn Noahs, abstammend“, das sich sowohl auf Juden wie auch Araber bezieht; aber es wird heute praktisch immer in bezug auf die Juden gebraucht. Doch gerade hier geht der Angriff ins Leere: Wie kann ein aufrechter Katholik Antisemit sein, wenn sein eigener Religionsstifter seiner menschlichen Natur nach Jude ist, wenn dessen Mutter Jüdin ist, wenn alle seine Apostel Juden sind? Die Patriarchen und Propheten sind tatsächlich unsere älteren Brüder im Glauben. Sodann bedauern wir zutiefst die Verfolgung der Juden durch Hitlers Schergen, denn sie ist eine große Sünde gegen die Gerechtigkeit und gegen die christliche Liebe, die alle Menschen ohne Ansehen ihrer ethnischen Herkunft umfaßt. Zudem sagt der heilige Paulus im 11. Kapitel des Römerbriefes, daß am Ende ganz Israel gerettet werde. Eines Tages wird also der jetzige Schleier der Unkenntnis hinweggenommen werden; dieses Volk wird sich zu demjenigen bekehren, der allein der Weg, die Wahrheit und das Leben ist und ohne den niemand zum Vater kommt, vergleiche Johannes 14,6. Ist Ihre Ansicht, die Juden trügen die Schuld für den Tod Christi, die sie nur tilgen können, wenn sie Christen werden, nicht eine Kollektivschuld-Unterstellung? Schmidberger: Wir haben inzwischen klargestellt: Selbstverständlich teilen nur jene Juden unserer Tage die Schuld ihrer Väter an der Tötung Christi, welche dieser zustimmen. Ob es solche Juden heute gibt, weiß ich nicht. Daß aber die Juden den fleischgewordenen Gott als Messias annehmen und sich auf seinen Namen taufen lassen müssen, falls sie das Heil erlangen wollen, das spricht schon der erste Papst aus, nämlich der heilige Petrus, der selbst ein Jude ist. Der Mainzer Kirchenrechtler Georg May befürwortet im Gespräch mit dieser Zeitung den Beschluß der Diözese Regensburg, Bischof Williamson Hausverbot zu erteilen. Schmidberger: Die Reaktion von Bischof Müller ist inakzeptabel. Ich würde sie als Kniefall vor der öffentlichen Meinung und den Massenmedien sehen. Schade, sehr schade, daß ein katholischer Bischof keine besseren Worte für seinen Mitbruder findet. Politische Maßnahmen gegen den Bischof mögen politisch korrekt sein, gleichwohl sind sie in diesem Fall doch wohl wirklich legitim. Schmidberger: Es wurden hier religiöse Gefühle verletzt, und weil die Religion das Tiefste im Menschen ist, dürfen uns die vielen unsachlichen, zum Teil haßerfüllten Reaktionen nicht wundern. Der Heilige Vater kann meiner Ansicht nach den Bischof zu einer Entschuldigung auffordern oder ihm Schweigen über politische und historische Ereignisse auferlegen; ich sehe aber nicht, wie er ihn zum Beispiel aus der Kirche ausschließen könnte. Die Forderung eines Ausschlusses kommt von einer Seite, die den übernatürlichen Charakter der Kirche als der Gemeinschaft der an die göttliche Offenbarung Festhaltenden vollkommen verkennt. Noch immer haben Sie mit Rom Streit. Schmidberger: Jetzt werden wir über all diese Probleme, über die Wurzeln der heutigen Krise sprechen und gemeinsam an die Arbeit für den Frieden Christi im Reiche Christi gehen müssen.   Pater Franz Schmidberger: ist Chef der Priesterbruderschaft St. Pius X., deren Bischof Richard Williamson mit seinen Äußerungen zum Holocaust jüngst für einen Proteststurm sorgte. Bis 1995 war Schmidberger, Mitbegründer der Gemeinschaft und einst rechte Hand Erzbischofs Lefebvres, als Generaloberer Oberhaupt der weltweiten Piusbruderschaft – mit etwa 100.000 bis 200.000 Anhänger in dreißig Ländern. Seit 2006 ist er Distriktoberer für Deutschland, wo es etwa 10.000 Anhänger gibt. Priesterbruderschaft St. Pius X.: Die „Fraternitas Sacerdotalis Sancti Pii X.“ – kurz FSSPX oder „Piusbruderschaft“ – ist eine 1970 vom strengkonservativen französischen Erzbischof Marcel Lefebvre (1905–1991) gegründete traditionalistische Priestervereinigung (www.fsspx.info). Benannt ist sie nach dem konservativen Reformpapst Pius X. (1903–1914).

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