Am Anfang war das Wetter. Regenfluten spülten Emmerich zum Erfolg, damals 1983 und heute 2004. Mit dem Regen kamen vor 21 Jahren die Hubschrauber im Tiefflug über die Saudi-Hauptstadt Riad – im Auftrag Washingtons: „Regimewechsel“. So zeigte es 1983 Regieneuling Roland Emmerich in seinem Zukunfts-Thriller „Das Arche-Noah-Prinzip“. Damit bewies er immerhin mehr politischen Instinkt als der jetzige US-Präsident, der laut Anti-Terror-Experten besser Saudi-Arabien als den Irak überfallen hätte. Aber konnte Emmerich mit George W. Bush rechnen? Wichtiger als die Hubschrauber war im Debütfilm des 1955 in Stuttgart Geborenen das Wetter, denn das spielte – von der CIA manipuliert – verrückt und tauchte Asien in eine Katastrophenflut. Dem Regisseur brachte der mit mikroskopischem Budget in Süddeutschland gedrehte Film zwar kaum Geld, aber Anerkennung ein. Mit seinem neuen Streifen „The Day after Tomorrow“ (siehe Seite 13) wird Emmerich nun erstmals wieder von der Kritik ernstgenommen. Kein Feuilleton, das nicht über seinen spektakulären Klima-Katastrophen-Kino-Knüller breit berichtet hätte. Denn diesmal trifft das Wetterchaos die USA: New York versinkt in Cinemascope, während US-Bürger – wie demütigend – ausgerechnet nach Mexiko fliehen müssen. 1995 schwang sich Emmerich mit dem US-Science-Fiction-Patriotismus-Spektakel „Independence Day“ zum kommerziell erfolgreichsten Regisseur Hollywoods auf – lief sogar Steven Spielberg als Meister des Blockbuster-Kinos den Rang ab. Ironie der Geschichte, denn Emmerich war in den achtziger Jahren als „schwäbisches Spielbergle“ verspottet worden, nachdem er sich 1985 mit „Joey“ von jedem kritischen Ansatz verabschiedet und sich aufs Kopieren von US-Science-Fiction-Filmen verlegt hatte. Die Spötter vergaßen jedoch, wie groß der Markt in den USA für Film-Imitationen ist, und 1992 gelang mit der Cyborg-Baller-und Prügelorgie „Universal Soldier“ der Sprung in die Staaten. Daß der Schwabe „Independence Day“ unter Budget fertigstellte, beeindruckte Hollywood fast noch mehr als der gewaltige Erfolg des Filmes, und fortan gehörte Emmerich zum US-Kino-Olymp. Nun kehrt er mit „The Day after Tomorrow“ zum vorgeblich kritischen Kino zurück. Er selbst inszeniert sich dieser Tage in aller Unschuld als sensibler Europäer, der die Amerikaner das Nachdenken lehrt. Daß Emmerich auf sich selbst hereinfällt, ist verzeihlich, daß es die Feuilletons tun, nicht. Aber auf der Suche nach dem besseren Amerika – dem Vaterland aller Multikulturalisten – jenseits von George Bush greift man eben nach jedem Strohhalm. Dabei offenbart sich Emmerichs beschauliches intellektuelles Niveau nicht nur in seinen Filmen. Auch in seinen Interviews reiht er eine Plattheit an die andere. So wolle er zum Beispiel nicht mehr in Deutschland leben. Grund: Das Land sei zu intolerant. Wie tolerant! Wer braucht auch Hirn, wenn er Regen machen kann, wässerig auf der Leinwand und gülden in den Kassen.