Um nichts Geringeres als den Erhalt der absoluten Mehrheit geht es am kommenden Sonntag bei der Landtagswahl für Dieter Althaus, Ministerpräsident und Spitzenkandidat der CDU im Freistaat Thüringen (siehe Seite 6). Über 50 Prozent Zustimmung erhielt vor fünf Jahren noch Amtsvorgänger Bernhard Vogel; sein langjähriger „Kronprinz“ Althaus muß sich nach Einschätzung der Auguren mit weniger begnügen, bei knapp 45 Prozent steht die Union derzeit in den Umfragen. Das würde reichen, wenn es weiterhin bei nur drei Parteien im Landtag bleibt und dem schwarzen lediglich der rote Block aus SPD und PDS gegenübersteht. Sollten jedoch die Grünen nach zehn Jahren parlamentarischer Abstinenz wieder in den Erfurter Landtag einziehen, steht der smarte Dieter vor der Frage: mit wem koalieren? Ein Blick auf die den Umständen stets formschön angepaßte politische Biographie des Mannes läßt vermuten, daß er keine Skrupel kennt. Der 1958 in Heiligenstadt geborene Althaus entstammt dem Eichsfeld, einer Landschaft im Westen des Freistaats. Hier im einstigen Armenhaus Mitteldeutschlands hat man Erfahrung damit, sich zum eigenen Vorteil mit den jeweils herrschenden Machtverhältnissen zu arrangieren. Zählten die Bewohner während des Bauernkriegs noch zu den eifrigsten Anhängern des radikalen Reformators Thomas Müntzer, wandelten sie sich bald wieder zu den treuesten Untertanen des Mainzer Erzbischofs, der sie erfolgreich rekatholisierte. 1985 trat der Katholik Althaus in die Blockpartei CDU ein. In seinem Lehrerberuf brachte er es vor der „Wende“ immerhin zum stellvertretenden Schuldirektor. 1992 ernannte ihn Vogel zum Kultusminister, und seiner gewendeten Loyalität verdankte Althaus wiederum eine steile Karriere: 1999 Vorsitzender der Fraktion und ein Jahr später auch der in Thüringen immer noch von Blockflöten und eingen wenigen Westimporten dominierten Partei. Und natürlich ist Althaus auch Mitglied im Verein „Gegen das Vergessen“, der den NS-Verbrechen gedenkt. SED-Unrecht, war da was? Seine servile Haltung erleichterte ihm die – im Gegensatz zum sächsischen Kollegen Milbradt – reibungslose Machtübernahme an der Spitze des Freistaates. Und weiterhin hängt Althaus sein Fähnlein gern in den Wind der veröffentlichten Meinung, zuletzt deutlich bei der sogenannten „Hohmann-Affäre“, in der er noch vor allen anderen Ächtung und Ausschluß des Parteifreundes einforderte. Auch beim Sichern von Mehrheiten kennt Althaus keine Scham. So attestierte er den Grünen im Land, weniger „ideologisch“ zu sein als anderswo, ergo könne man Koalitionen mit ihnen nicht dauerhaft ausschließen. Zwar bestreitet er noch alle Avancen, doch sollte der Einzug der Ökopartei Althaus die absolute Mehrheit verhageln, wäre dies schnell vergessen. Denn dann herrschen neue Machtverhältnisse, denen man sich – eben anpassen muß.
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