Es kann nicht sein, daß an einem solchen Tag unernste Spektakel stattfinden.“ Wenn es um den 9. November geht, ist mit dem Offenbacher Architekten Jochen Lehmann gar nicht zu spaßen. Denn der Mittfünfziger mit dem lustigen Schnauzer ist auch Vorstandsmitglied der „Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit“ und hat gerade sein „Entsetzen“ gegenüber der Stadt Offenbach, den Stadtverordneten und der Stadthallen GmbH in einem offenen Brief zum Ausdruck gebracht: „Ich appelliere und bitte, daß die Stadt das Capitol an diesem Gedenktag nicht zur Verfügung stellt“, fordert Lehmann, der das Gedenken der Reichspogromnacht besudelt sieht, da zeitgleich zum geplanten Konzert des „Superstars“ Mark Medlock im jüdischen Gemeindezentrum dem NS-Terror gedacht wird und weil das heutige Veranstaltungszentrum Capitol an der Stelle der 1938 geschändeten Synagoge steht.
Die Betreiber sind nun sehr verunsichert. Seit Jahren gebe es Veranstaltungen: „Voriges Jahr war Badesalz da, davor Philipp Boa, auch der Gottschalk hat an einem 9. November aufgezeichnet“, erklärt Capitol-Chefin Birgit von Hellborn in der Offenbach-Post. Hardcore-Rap oder „Gruppen, bei denen es verfassungsrechtliche Bedenken“ gebe, hätten per se keine Chance. Sicherheitshalber hat sie Medlock „aber gleich mal gegoogelt, ob er was Falsches gesagt hat“, so von Hellborn. Ohne Ergebnis. Am wenigsten regt das Konzert die Jüdische Gemeinde Offenbach selbst auf: „Wir können zwar nachvollziehen, wenn es in unserem christlichen Umfeld Bedenken gibt“, versteht Mark Dainow, aber für Juden gelte das Capitol schon lange nicht mehr als Gebetsort.