In einem „Bündnis für Erziehung“ will Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) gemeinsam mit Vertretern der beiden großen christlichen Kirchen die Werteerziehung fördern und „Kindern und Eltern“ eine „wertgestützte Orientierung“ ermöglichen. Zu diesem Zweck will das Bündnis „Leitlinien“ für die Werteerziehung erarbeiten. Nun ist es gewiß möglich, Werte in „Leitlinien“ zu formulieren und den Mitarbeitern öffentlicher Bildungseinrichtungen an die Hand zu geben. Doch wird eine ministeriale Dienstanweisung die Orientierungslosigkeit werteresistenter Schichten kaum beheben. Werte müssen glaubhaft vorgelebt, in ihrer Tragfähigkeit erfahren und im praktischen Handeln eingeübt werden. Doch wer soll das leisten, wenn selbst die Eltern als Vorbilder ausfallen? Jene allmählich abtretende Pädagogengeneration, die die überkommene Werteordnung in den Wind schlug, da sie sich als korrumpierbar erwiesen hatte? Oder deren Nachfolger, die selbst in stets „kritischer“ Auseinandersetzung mit Werten groß geworden sind und diese nur allzu gern in die persönliche Verantwortung des Einzelnen verlagern? Werte, die eine Gemeinschaft dauerhaft tragen sollen, sind auf einen „vorkritischen“ Status angewiesen. Was trägt, ist nicht das bessere Argument, sondern die Plausibilität des Gelingens. Sich auf so etwas einzulassen, hat man uns gründlich abgewöhnt. Jetzt soll es wieder notwendig sein. Wahrscheinlich aber ist es einfach zu spät.