Kurz vor der Jahreswende haben die USA gleich mehrere Signale gesetzt, daß sie in ihrem Bemühen um eine stabile, zuverlässige und daher friedliche Weltordnung nicht nur auf authentisch militärische Mittel setzen wollen. Eine genauere Betrachtung zeigt jedoch, daß diese anderen Instrumente der Außenpolitik, derer man sich verstärkt bedienen möchte, nicht unproblematisch sind. Da ist zum einen die sogenannte Todesliste, auf die all jene des Terrorismus verdächtigen Personen gesetzt worden sein sollen, deren Liquidierung ohne komplizierte juristische Prozeduren explizit gewünscht ist. Auf den ersten Blick bestechen die Vorzüge dieser Regelung: Die Vorstellung, jemanden lebendig festzunehmen, um ihn dann den Mühlen des Rechtsstaates auszuliefern, paßt nicht in den kulturellen Kontext der Regionen, in denen die Delinquenten mutmaßlich anzutreffen sind. Solches gleichwohl zu versuchen, hieße, sich den Vorwurf der zivilisatorischen Überheblichkeit einzuhandeln. Das muß in einer Phase, in der viele den Interessenkonflikt um Zukunftsmärkte und Ressourcen zu einem Kampf der Kulturen aufbauschen, um jeden Preis vermieden werden. Die Politik der „Todesliste“dient darüber hinaus der Fortentwicklung des Völkerrechts. Die Frage, wo es sich bei Exekutionen der avisierten Art um die legale Durchsetzung des Gewaltmonopols in der internationalen Politik und wo um Staatsterrorismus handelt, wird man in Zukunft unumständlich am Kriterium der Befähigung zur Selbstautorisierung von bewaffneten Operationen beantworten können. Praxisfern ist allerdings die Fixierung auf eine bestimmte Liste und die in ihr enthaltenen Namen. So etwas mögen sich Beamte mit juristischem Hintergrund ausdenken, die den Rechtsstaat auch da noch binden wollen, wo er seine Grenzen längst überschritten hat. Letztendlich wird sich dieses Instrument im Sinne der US-amerikanischen Zielsetzung nur dann bewähren, wenn diejenigen, die mit ihm umzugehen haben, dezentral entscheiden dürfen, gegenüber wem es anzuwenden ist. Ähnlich ambivalent sind die kolportierten Pläne, sich weltweit in stärkerem Maße als bisher Einfluß zu erkaufen – indem man beispielsweise Stammesführer im Irak oder Meinungsführer in aus dem Ruder laufenden Demokratien unter Vertrag nimmt. Dieses Instrument kann zwar, wie die Erfahrungen im Kalten Krieg gezeigt haben, phasenweise durchaus erfolgreich eingesetzt werden. Es diskriminiert allerdings all jene, die die Politik der USA kostenlos, vielleicht sogar aus Überzeugung unterstützen. Im schlimmsten Fall könnten an und für sich neutral eingestellte Menschen sogar dazu verleitet werden, antiamerikanisch in Erscheinung zu treten, um sich ihre vermeintliche Einstellung dann teuer abkaufen zu lassen. Auch diese Strategie will also sorgfältig geprüft sein, und es sieht nicht danach aus, daß die USA auf sie bauen könnte: An militärischer Durchsetzung der amerikanischen Politik geht bis auf weiteres kein Weg vorbei.