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Präsidiale Illusionen

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In seiner „Berliner Rede“ knüpfte Bundespräsident Johannes Rau letzte Woche an seine Frühzeit an, als er noch kein Sozialdemokrat, sondern eingefleischter protestantischer Pazifist war. 1952 gründete er gemeinsam mit dem pietistisch-puritanischen CDU-Abtrünnigen Gustav Heinemann die Gesamtdeutsche Volkspartei, die fünf Jahre lang lautstark den Adenauer-Staat und die Wiederbewaffnung verdammte. Mitten im Kalten Krieg blieb Heinemann und Rau größerer politischer Einfluß versagt. Diesen errangen sie erst Jahre später – als SPD-Politiker und Bundespräsidenten. In seiner Berliner Rede 2003 kehrte Rau nun zu den pazifistischen „Ohne mich“-Parolen der fünfziger Jahre zurück: Er rief dazu auf, den heutigen weltweiten Herausforderungen mit „zivilen Mitteln“ zu begegnen: „Wir brauchen den Mut zur Zivilität“. Solche Worte werden auf Osama bin Laden und seine Adepten gewiß Eindruck machen. Bei allem Respekt: das Geschwafel von der „Zivilgesellschaft“ vernebelt die Köpfe der Deutschen – denn wer möchte schon das Gegenteil – eine Militärgesellschaft. Aber gerade diese entwickelt sich in manchen Weltgegenden rasant. Was für ein Gesicht würde etwa Donald Rumsfeld samt seiner Generäle angesichts solcher Botschaften machen? Auf welchem Planeten lebt der Herr Bundespräsident eigentlich? Wieso sagt er seinen Bürgern mit keinem Wort, daß wir harten Zeiten entgegengehen? Er ist ein Staatsoberhaupt, das sich – zumindest rhetorisch – die Quadratur des Kreises vorgenommen hat. Da kann es nur noch ein böses Erwachen geben.

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