Wenn ein Schwacher sich mit einem Starken zusammentut, dann hat das für den Schwachen nur einen Sinn: der Starke soll ihn beschützen. Diese Philosophie liegt der Botschaft der zehn „Vilnius-Staaten“ zugrunde, die sich in der Irak-Debatte auf die Seite der USA und eines Präventivschlags gegen Saddam Hussein stellten. Damit haben die Unterzeichner – Nato- bzw. EU-Kandidaten – der vielbeschworenen „Einheit Europas“ einen schweren Schlag versetzt, nachdem bereits im Januar acht Staaten unter Führung von Großbritannien und Spanien offen als Fürsprecher Amerikas aufgetreten sind. Dennoch muß man die kleinen Ost-, Südost- und Mitteleuropäer verstehen. Während sich Berlin und Paris mit Moskau verbrüdern, kommen ihnen böse Erinnerungen in den Sinn: der Hitler-Stalin-Pakt, der sie an die Sowjetunion auslieferte – oder die Kühle, mit der Briten und Franzosen Polen im Stich ließen oder den Balkan an die Kommunisten auslieferten. Auch die heutige EU erscheint vielen postkommunistischen Politikern wenig vertrauenswürdig. Werden sich die Europäer im Falle eines russischen Angriffs – etwa auf das Baltikum – nicht wie schon gehabt die Hände in Unschuld waschen? Werden die Westler zur Verteidigung der östlichen Brüder im Falle der Not auch nur einen Finger rühren? Ob die USA für die Vilnius-Staaten wirklich so zuverlässig sind, bleibt abzuwarten. Aber Amerika ist stark – und das verschafft den USA einen Vertrauensvorschuß. Deshalb möchten im Osten viele lieber „Amerikaner“ als Europäer sein.