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Gerhard Schröder und Joschka Fischer wollen die gemeinsame Regierungsarbeit über die Bundestagswahl 2006 hinaus fortsetzen. Mit diesem Beschluß ist es ihnen endlich gelungen, lähmende Irritationen hinsichtlich ihrer weiteren Ambitionen auszuräumen. Vom Kanzler kursierte das Gerücht, daß er beabsichtige, es mit zwei Amtsperioden bewenden zu lassen. Nun, da eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit auf der Tagesordnung steht, scheint er mit gutem Beispiel vorangehen zu wollen. Fischer hingegen nimmt so, ganz der ausgefuchste Diplomat, den Druck von den EU-Partnern, ihn alsbald in das sowieso erst noch zu schaffende Amt des EU-Außenministers zu berufen. Über seinen Weggefährten Daniel Cohn-Bendit erfuhr die Öffentlichkeit, daß der grünen Vaterfigur ein Wechsel nach Brüssel auch im Jahr 2008 oder 2009 noch genehm wäre. Ob bereits 2012 oder erst 2016 eine Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten geplant ist, wurde bislang jedoch nicht verlautbart. Schröder und Fischer haben damit signalisiert, daß sie die Menschen in Zeiten bevorstehender Not nicht alleinlassen werden. Zugleich ist ihnen gelungen, in den Wählern ein klein wenig mehr Vertrauen in das Funktionieren unserer Demokratie auch in der Krise aufzubauen. Das Grundgesetz allein lädt nämlich zu der Überinterpretation ein, die Bürger hätten eine nennenswerte Verantwortung zu tragen für das politische Geschehen und die Auswahl des Personals, das sie regiert. Zwar relativiert sich manches schon durch die Praxis. Man stellt zum Beispiel fest, daß man als Wähler in der Regel nur zwischen einer Handvoll von Angeboten entscheiden muß, um deren Zustandekommen sich die Parteien bereits hinlänglich gekümmert haben. Es ist jedoch der Eindruck weit verbreitet, daß in den Parteien selbst die Anarchie der Willensbildung von unten nach oben herrscht, welche eine rasche und stringente Lösung der gegenwärtigen Probleme erschwert. Dieses Zerrbild korrigieren Schröder und Fischer, indem sie, ohne viele Worte zu verlieren, den Supremat der überlegenen Persönlichkeit über die kleinlichen Regularien der Formaldemokratie demonstrieren. Dies ist die starke Hand, die die um ihre Zukunft bangenden Menschen von ihren Führern erwarten. Die Opposition zetert, verzettelt sich in per se kurzlebigen Reformalternativen und lanciert allenfalls schüchtern eine neuerliche Kandidatur des Verlierers von 2002. Unter dem Strich stellt sich bloß der Eindruck ein, daß sie zu Recht keine Regierungsverantwortung trägt. Beklagen mag man höchstens, daß der Kanzler und sein Außenminister de facto bereits den nächsten Bundestagswahlkampf eröffnet haben. Dies ist selbst in einer politischen Ordnung, die keine Langzeitperspektive kennt, ungewöhnlich, nimmt aber von der Regierungsarbeit der nächsten Jahre den Erwartungsdruck. An eine Modernisierung unseres Gemeinwesens ist eben erst zu denken, wenn der Bürger 2006 entschieden hat.

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