Vor 30 Jahren hätte sich kaum ein Bürger für das Thema „Bundesbankgold“ interessiert. Es gab die D-Mark, die Währungshoheit lag in Deutschland, das Geld war hart und die Angst vor Inflation und Währungsreform ins Unterbewußte gewandert.
In der vergangenen Woche schwappte die Welle des in den letzten Monaten sprunghaft gewachsenen Interesses an diesem Thema in die Hauptnachrichten: So sendete das „Heute-Journa“ des ZDF einen Schwerpunkt zum Bundesbankgold, in dem verblüffend naheliegende Verknüpfungen zwischen deutscher Souveränität und der Lagerung des Bundesbankgoldes im Ausland aufgeworfen wurden.
Noch vor kurzem wurden Warner, die der Spur des Bundesbankgoldes folgten, als Spinner belächelt: Kritiker der deutschen Währungspolitik fordern indes schon seit Jahren – nicht zuletzt in dieser Zeitung – eine Revision der deutschen Goldbestände, vorneweg der Publizist und Euro-Kritiker Bruno Bandulet.
Nur ein knappes Drittel des Goldes lagert in Deutschland
Oder der CDU-Abgeordnete Martin Hohmann, der erstmals 2002 die Bundesregierung nach dem Verbleib des deutschen Goldes fragte – ohne eine klare Antwort zu erhalten, bevor er kurz darauf aus der Partei geworfen wurde.
Inzwischen haben sich im Zuge der Euro-Krise Bürgerinitiativen dieses Themas angenommen (Appell „Holt unser Gold heim“) und so lange protestiert, daß sich nun die Bundesbank genötigt sah, sinnbildlich ihre Tresortüren zu öffnen und beispielsweise dem CSU-Bundestagsabgeordneten Peter Gauweiler einen Blick auf ihren Goldschatz erlaubte.
Nur ein knappes Drittel der 3.400 Tonnen wiegenden 270.000 Goldbarren lagert jedoch am Main, der Löwenanteil soll in den Tresoren der Federal Reserve in New York, der Rest in Paris und London zu finden sein. Eine Revision soll dies jetzt klären.
Der Blick in den Kelch dürfte ernüchtern
1970 war das Bundesbankgold 4,3 Milliarden Dollar wert, Peanuts gegen die über 186 Milliarden, auf die der Wert aktuell explodiert ist. Das weckt Begehrlichkeiten. Der Goldpreis spiegelt den dramatischen Verfall der Papierwährungen – allein in den letzten fünf Jahren hat sich der Wert des Edelmetalls verdreifacht. Die Jagd nach dem deutschen Gold erinnert nun etwas an die Suche nach dem mythischen Heiligen Gral. In diesem Gold wird quasi der Kelch der verlorengegangenen nationalen Souveränität Deutschlands gesehen.
In der Phase einer eskalierenden Währungskrise, der fortschreitenden Erpressung Deutschlands durch uferlos ausgeweitete Haftungszusagen der Politik zu Lasten der Steuerzahler und einer heraufziehenden, Vermögen auffressenden Inflation werden wir unserer politischen Ohnmacht plötzlich gewahr. Die begrüßenswerte Rückkehr des Goldes nach Frankfurt könnte sich jedoch als Entlastungsmanöver herausstellen, das von der eigentlichen Krise ablenken soll. Der Blick in den Kelch dürfte ernüchtern, weil er leer ist.
JF 45/12