Ein großer Erfolg war zweifellos der von Edition Antaios und Blauer Narzisse veranstaltete Zwischentag: Die erste Freie Messe Berlin war klug organisiert, gut besucht, blieb von linken Störern verschont und bot interessante Diskussionen. Einen Höhepunkt bildete das Streitgespräch zwischen Karlheinz Weißmann, dem spiritus rector des Instituts für Staatspolitik, und dem Islamkritiker Michael Stürzenberger, das auf pi-news.net, sezession.de und in anderen Foren intensiv diskutiert wurde.
Manche Kommentatoren sahen Welten aufeinanderprallen, tönten lauthals dazwischen und nahmen, je nach eigenem Standpunkt, Weißmann als differenzierenden Analytiker und Stürzenberger als polemischen Agitator oder ersteren als Intellektuellen im Elfenbeinturm und letzteren als tatkräftigen Macher wahr. Es kann kaum bestritten werden, daß Weißmann seinem Kontrahenten an historischer Bildung überlegen ist und daß dieser, aufgrund seiner Fokussierung auf den „Hauptfeind“ Islam, die Ursachen für dessen Ausbreitung in Europa zu wenig in den Blick nimmt.
Man muß aber auch anerkennen, daß durch Blogs wie politically incorrect oder das in den Augen distinguierter Kulturkonservativer ungehörige Zeigen von Mohammed-Karikaturen die Tabusetzungshoheit der Mainstream-Medien tagtäglich, oft unter Lebensgefahr, durchbrochen wird – zuletzt sollte man jedoch nicht auf dieser Stufe stehenbleiben. Die islamkritische Bloggerszene ist für viele ein Einstieg, der jüngeren, in den heutigen Klippschulen gehirngewaschenen Menschen gerade durch das beruhigende Wiederkäuen von USA- und Israel-Bekenntnis-Mantras erleichtert wird; hat man ihn aber bewältigt, darf es richtig losgehen. Dann kann man den Schritt von Stürzenberger zu Weißmann wagen.
Was es zu verteidigen gilt, ist das deutsche Volk
Wir sollten in ihren unterschiedlichen Positionen keine Gegensätze, sondern verschiedene Perspektiven auf unser Hauptproblem sehen – was nicht ausschließt, daß die eine Perspektive mehr Aspekte einbezieht als die andere. Was aber ist unser Hauptproblem? Nach Stürzenberger der Islam, nach Weißmann unser Identitätsverlust.
Stürzenberger hat recht, wenn er den Islam als totalitäre Ideologie betrachtet. Seine Vergleiche des Koran mit „Mein Kampf“ und sein Gebrauch der Faschismuskeule sind zwar simplifizierend, aber die Bezeichnung dieser Religion als Ideologie ist legitim, da sie sich ein für allemal die Regelung sämtlicher Lebensbereiche anmaßt und keine Modifikation ihrer Dogmatik zuläßt. Der Vorwurf, eine Interpretation des Islam mit derart modernen Begriffen sei ahistorisch, greift zu kurz, da der Islam selbst keine eigene historische Entwicklung kennt bzw. solche ihm, wie auch Wissenschaft und Technik, nur von außen angetragen wurde. Stürzenberger ist auch zuzustimmen, wenn er den Islam als größte politische Bedrohung unserer Zeit sieht. Leider bleibt er jedoch bei dieser Bestandsaufnahme stehen und empfiehlt nur die Durchsetzung westlicher Werte und Gesetze gegen jede muslimische Anmaßung, ja sogar deren weltmissionarische Verbreitung.
Abgesehen von deren Machbarkeit und Wünschbarkeit übersieht er dabei, daß es gerade die als Allheilmittel angepriesenen „westlichen Werte“ oder auch das von ihm sakralisierte Grundgesetz waren, die die muslimische Landnahme erst ermöglicht haben. Die Droge wird jedoch durch stärkere Dosierung nicht zur Medizin. Wenn Weißmann auf die linksliberale, alle Traditionen sowie eine starke, selbstbewußte Staatlichkeit abbauende Ideologie als Ursache der islamischen Überfremdung hinweist, wird ihm Stürzenberger zwar zustimmen, und man könnte diese historische Fundierung als ergänzenden Beitrag ansehen – tatsächlich zeigt sich hier aber ein grundlegender Unterschied: Nicht „westliche Werte“ und noch nicht einmal das Grundgesetz sind das primär zu Verteidigende, sondern das deutsche Volk (sowie die anderen europäischen Völker).
Zwischen allen Tönen den gemeinsamen Grundton einstimmen
Keine Verfassung ist Selbstzweck, noch hat sie in erster Linie dem Frieden, der Gerechtigkeit oder der individuellen Freiheit zu dienen, sondern dem Fortbestand des Volkes. Dieser ist freilich unter Bedingungen des Friedens, der Gerechtigkeit und der individuellen Freiheit, die keine „westlich“-globalistischen, sondern durchaus deutsche Werte sind, am besten gewährleistet, nur kommt es auf die richtige Zielsetzung an. Politik dient dem Daseinserhalt einer ethnischen Gemeinschaft. Gelingt es Islamkritikern und identitären Rechten, sich zwischen allen Tönen auf einen solchen gemeinsamen Grundton einzustimmen, kann auf eine gute Diskussion auch eine fruchtbare Zusammenarbeit folgen.