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Jeder Serienmörder ein Terrorist?

Jeder Serienmörder ein Terrorist?

Jeder Serienmörder ein Terrorist?

 

Jeder Serienmörder ein Terrorist?

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Weißmann, Reich, Republik, Nachkriegsrechte

Wie wir alle wissen, ist sich der Spiegel für nichts zu schade: „Die unheimlichen Bekenntnisse einer rechtsradikalen Terrorgruppe“, heißt es auf dem aktuellen Titel. Es gibt wohl keinen Begriff, der schwammiger und absichtsvoller gebraucht wird, als der des „Terroristen“.

Schwammig, weil alles Mögliche als „terroristisch“ tituliert wird; absichtsvoll, weil die Bezeichnungen „Terrorist“, „Mörder“, „Aktivist“, ja sogar „Freiheitskämpfer“ fast immer beliebig ausgetauscht werden können. Damit bleibt der Gewaltakt zwar ein Gewaltakt, dessen Bedeutung variiert jedoch enorm. Ein Beispiel: „Antikapitalistische Stadtguerilla“ klingt tausendmal besser als „Linksextreme Terroristen“ – die Bombe knallt aber trotzdem.

Nun scheint bei den Verbrechern Böhnhardt, Mundlos und ihren mutmaßlichen Mittätern das Pendel der „veröffentlichten Meinung“ zwischen „Döner-Mörder“ und „Rechtsterroristen“ hin und her zu schwingen. Bei mehr als 2.000 Morden und anderen Tötungsdelikten im Jahr ist der Mörder jedoch fast schon langweilig, nur der „Terrorist“ sorgt da noch für einen ordentlichen Gruselfaktor. Und dann auch noch ein Nazi-Terrorist!

Terroristen wollen ihre Ziele kommunizieren

Natürlich läge mir nichts ferner, als anderen ihren wohligen Schauer madig zu machen. Allerdings möchte der Klugscheißer in mir auf den Umstand hinweisen, dass Böhnhardt und Mundlos keine Terroristen sind. Das ist – auf sarkastisch-geschmacklose Art – zu viel der „Ehre“.

Es gibt sehr viele verschiedene Terrorismus-Definitionen. Doch alle ernstzunehmenden haben einen Punkt gemeinsam: Gewalt oder Androhung von Gewalt zum Erreichen eines bestimmten politischen Zieles. Selbst, wenn die beiden Verbrecher ein politisches Ziel gehabt haben sollten, dann waren sie entweder zu blöd (was ich nicht glaube) oder zu faul (was ich auch nicht glaube), um dieses in der Öffentlichkeit zu kommunizieren.

Aus einem terroristischen Kalkül heraus wäre es sinnvoll und extrem einfach gewesen, sich zwischen 2000 und 2006 zu der Mordserie zu bekennen – natürlich anonym. „Die Medien“ hätten schon das ihre dazu beigetragen. Egal, wie seltsam die Forderungen gewesen wären, jeder hätte sie mitbekommen. Daß sie in einer mutmaßlichen „Bekenner-DVD“ von Änderungen in „Politik, Presse und Meinungsfreiheit“ schwafeln, könnte man im weitesten Sinne als  „politisches Ziel“ hinnehmen, doch sie haben die DVD nicht selbst veröffentlicht. Ohne Kommunikation keinen Schrecken, ohne Schrecken kein Terrorismus, ohne Terrorismus keine Terroristen, ohne Terroristen keine neue Gefahr des „Rechtsterrorismus“ – auch wenn dies dem ein oder anderen „Linkspopulisten“ gut in den Kram passen würde.

Terrorargument dient vor allem dem NPD-Verbot

Der Unterschied ist zwischen Terrorist und Mörder ist relevant, wenn es zum Beispiel um die hundertste Forderung eines NPD-Verbots geht. Auf der emotionalen Ebene der Politik bietet die Angst vor Terroristen natürlich eine viel bessere Legitimation, sich dieser Partei zu entledigen, als zwei Mörder. Der Unterschied ist auch relevant, wenn es um die derzeit übertrieben heftige Kritik an deutschen Staats- und Verfassungsschützern, Kriminalämtern und Geheimdiensten geht. Wenn die Beamten Terroristen übersehen, dann ist das etwas anderes, als wenn ihnen relativ wahllos tötende Mörder entgehen.

Dass die Verbrecher womöglich als solche organisiert waren, reicht nicht aus, um Terroristen aus ihnen zu machen. Wir müssen uns wohl damit begnügen, daß Böhnhardt und Mundlos schlicht und einfach „nur“ Serienmörder waren, deren niedriger Beweggrund Ausländerhaß war. Der Unterschied zwischen Mörder und Terrorist ändert freilich nichts an der Verwerflichkeit ihrer Taten und dem sinnlosen Leid, welches den Opfern und ihren Angehörigen angetan wurde.

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