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Das Volk der Ideologen

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Das Volk der Ideologen

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Weißmann, Reich, Republik, Nachkriegsrechte

Das Volk der Dichter und Denker, so hat man die Deutschen einst bezeichnet. Wie man sie heute mit dem gleichen Recht bezeichnen muß, darüber mag man gar nicht nachdenken. Wie ist es nur zu diesem abgrundtiefen Sturz aus so steiler Höhe gekommen? Ein wenig hat diese Höhe selbst zu diesem beispiellosen Niedergang beigetragen. Genauer gesagt: einer ihrer besten Köpfe – Immanuel Kant.

Nicht dem Kantianismus, noch nicht einmal Kant selbst ist ein Vorwurf zu machen. Es schadet gewiß nicht, den selbstgefälligen kleinen Intellekt, den man sein eigen nennt, durch dessen Werke zu treiben. Aber doch darf man nicht übersehen, daß Kant mit seiner Philosophie etwas lostrat, das nicht nur im deutschen Geistesleben gewaltige Folgen haben sollte. Eine bestimmte Eigenschaft, auf die sollte man achten.

Denn Kant hat eine sehr eigenartige Philosophie entwickelt, vielleicht die eigenartigste überhaupt. Für gewöhnlich geht der Mensch davon aus, daß er sich zunächst über seine Sinne die Umwelt erschließt. Dann tritt zu dieser reinen Anschauung die Vernunft hinzu, sinnliche Eindrücke und Denktätigkeit gehen ein Wechselverhältnis ein, und am Ende entsteht dann so etwas wie Erkenntnis. Aber nicht für Kant.

Aus bestimmten Gründen, auf die hier nicht eingegangen werden kann, hat Kant diese Reihenfolge verändert. Die sinnliche Anschauung ohne Vernunfttätigkeit, die gibt es für ihn nicht. Was in unseren Sinnen lebt, sei bereits ein Produkt unserer Vernunft und damit bestimmten Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis unterworfen. Beispielsweise, daß etwas eine räumliche und zeitliche Ausdehnung besitze.

Über das Ding an sich können wir daher eigentlich nichts sagen, sondern nur über dasjenige, was uns unsere Vernunft als Inhalt zur Verfügung stellt. Nur damit können wir umgehen und beispielweise darüber urteilen, ob etwas vernunftgemäß Gegenstand der Erkenntnis sein kann oder nicht. Erfüllt etwas diese Bedingungen nicht, so nennt dies Kant schlicht „Wahnsinn“. Eine äußerst gefährliche Behauptung.

Die Erfindung der Ideologie

Denn was ist dadurch geschehen? Früher konnte man sich über alles Mögliche streiten, wie viele Engel auf einer Nadelspitze Platz hätten und dergleichen mehr. Und wer seine intellektuellen Spiele zu bunt trieb, der wurde schon von der sinnlichen Anschauung auf den Boden der Tatsachen geholt. Jetzt hat aber Kant den Tatsachen diesen Boden weggezogen. Jetzt gibt es nur noch die Vernunft in ihren verschiedenen Entfaltungen.

Du glaubst etwas zu sehen, aber deine Vernunft gaukelt dir vielleicht nur etwas vor. Also benutze sie um zu entscheiden, ob etwas vernunftgemäß Gegenstand deiner Erkenntnis sein kann. Denn wenn es das nicht kann, wenn sich etwas als Anschauung ausgibt, was eigentlich gar nicht angeschaut werden kann, dann ist das Wahnsinn. Damit ist Kant aber nichts anderes als der Erfinder der Ideologie.

Deine Anschauung gaukelt dir etwas vor. Doch du weißt, weil es dir deine Vernunft sagt, daß der Sozialismus die klassenlose Gesellschaft ist. Daher kann nichts vernunftgemäß Gegenstand deiner Erkenntnis sein, was dem widerspricht. Glaubst du anderes zu sehen, so bist du es, dessen Natur allerlei krankhafte Zustände produziert. Denn die Ideologie alleine ist das Wahre, und was ihr widerspricht, ist nicht das Wirkliche.

Nach diesem Muster sind alle Ideologien aufgebaut. Sie sind immun gegen Einwände, da sie sich anmaßen, die menschliche Erkenntnisstruktur zu vertreten. Ihre Kritiker sind daher keine Kritiker, sondern „bösartig“, „subversiv“, „gefährlich“, „verführerisch“, „krankhaft“, „parasitär“ und vor allem „dumm“. Hier kann man sich tatsächlich einmal fragen, was das Volk der Dichter und Denker in der Welt angerichtet hat.

Der Endpunkt dieser selbstverschuldeten Unmündigkeit ist daher die Ideologisierung, das heißt die vertierende Vernichtung des Denkens. Entsprechendes ist in allen Lebensbereichen deutlich zu erkennen. Heilmittel dagegen kann nur sein, wieder von der reinen Anschauung auszugehen. Und von dieser ausgehend, sich die Welt zu erschließen, so wie sie sich uns zeigt. Dann wird auch Kant fruchtbar wirken können.

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