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Ein halbes Brot

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Ein halbes Brot

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Der Sohn buddelt am Sandkasten während ich die frühen Sonnenstrahlen auf der Parkbank mit einer Tasse Kaffee genieße. Die sommerlichen Straßen Berlins sind noch leer, nur ein alter Mann mit einer Tüte voller Bierflaschen läuft vorbei.

Vermutlich hatte ich dieselben Flaschen zuvor auch auf der Wiese gesehen, doch aufgesammelt habe ich sie nicht. Ist ja auch nicht meine Aufgabe, dachte ich beim Vorbeilaufen. Außerdem, wie sähe das überhaupt aus?

Auch der Mann aus der Kriegsgeneration fühlt sich offenbar in Erklärungsnot und erzählt wie er die Flaschen im Park eingesammelt hat: „Die Jugend läßt das alles einfach liegen. Und das fast jeden Abend. Die Flaschen sehen nicht nur unordentlich aus, sondern sie sind zudem bares Geld!“

Er schüttelt den Kopf und zählt die Flaschen zusammen: „Das gibt sechzig Cent. Das ist ein halbes Brot!“, sagt er ehrlich entsetzt und wünscht uns noch einen schönen Tag bevor er weiter geht. Dann dreht er sich noch mal um: „Nicht, daß ich es nötig hätte, aber es geht ums Prinzip“.

Wer keinen Hunger kennt, für den ist vieles selbstverständlich

Ja, solche Prinzipien kennt meine Generation nicht mehr – trotz angeblicher Wirtschaftskrise, Harz IV und Kinderarmut. Sie zählt den Wert von Geld – wenn überhaupt – in der Größe eines Flachbildfernsehers, aber sicherlich nicht in Brot.

Außerdem sind wir uns zu schade, den Dreck Anderer für ein paar Cent aufzusammeln. Denn für ein Stück Brot muß heute in Deutschland keiner mehr arbeiten, schon gar nicht für sechzig Cent. Wer keinen Hunger kennt, für den ist vieles selbstverständlich. Wer dagegen schlechte Zeiten erlebt hat, weiß um den Wert eben genau solcher Selbstverständlichkeiten. Er kennt den Wert von Brot und Arbeit – und eben auch von Prinzipien.

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