Neben Linkspartei und den Grünen gibt es einen klaren Sieger bei den drei Landtagswahlen vom letzten Sonntag: die FDP. 7,6 Prozent holten die Liberalen in Thüringen (plus 4 Prozent), 10 Prozent in Sachsen (plus 4,1 Prozent) und 9,2 Prozent im Saarland (plus 4 Prozent). Die Partei hat ihre Ergebnisse im Schnitt verdoppelt.
In Phasen einer Großen Koalition im Bund sind die kleinen Oppositionsparteien stets gestärkt worden. Die Kleinen sind das effektive Druckmittel gegen die Allianz der Großen. Die FDP scheint nun aber sogar verstärkt in einem Lager Sympathien zu gewinnen, das sich selten weltanschaulich bei dieser Partei aufgehoben gefühlt hat: bei den Konservativen.
Vier Jahre Merkel als Kanzlerin, neun Jahre Merkel als CDU-Chefin haben tiefe Schleifspuren hinterlassen. Die Partei, die schon unter Kohl und Schäuble einem „Modernisierungsdruck“ unterworfen war, der darin bestand, Grundsätze am laufenden Band über Bord zu werfen, ist seit Eintritt in die Große Koalition um den Preis des Machterhalts gänzlich ins Chamäleonhafte entrückt.
Merkel und ihre technokratische Führung haben die „Marke CDU“ entkernt. In das entleerte Gefäß kann man nach Gusto heute diese und morgen jene Inhalte füllen. Einziges Hindernis für die totale Konturenlosigkeit: das lästige und anachronistische „C“ (da war doch was?) im Namen.
Konservative Stammwählerschaft wurde verraten
Die CDU hat seit der Wiedervereinigung in wesentlichen Kernfragen konservative Stammwähler verraten:
> Hunderttausende Opfer der kommunistischen „Bodenreform“-Enteignung in Mitteldeutschland: Kohl, Schäuble, Seiters verantworten die Anerkennung des Rechtsbruchs.
> Konservative Christen mußten miterleben, wie unter einer CDU-geführten Regierung 1992 die Fristenregelung beim § 218 zu einem Dammbruch beim Lebensschutz führte.
> Die CDU verriet das traditionelle Familienbild, als sie den Widerstand gegen die Homoehe aufgab und sich unter Ursula von der Leyen an die Spitze des feministischen „Gender Mainstreaming“-Projekts und einer sozialistischen Familienpolitik stellte.
> Die eiskalte Verbannung von Martin Hohmann 2003, die Entmachtung des profilierten Wirtschaftspolitikers Friedrich Merz 2004 und die Entsorgung des letzten Konservativen mit der Abwahl Jörg Schönbohms aus dem Parteipräsidium 2007 haben sich bei den CDU-Anhängern eingebrannt. Mancher soll jetzt mit dem Charme eines Theodor zu Guttenberg (CSU) zurückgewonnen werden.
Wenn eine wachsende Zahl von Bürgerlich-Konservativen jetzt zähneknirschend die FDP wählt, dann weniger aus Sympathie für den Leichtfuß Westerwelle als aus tiefer Enttäuschung über eine unter Merkel verratene und verkaufte Partei. Absurd: Gesellschaftspolitisch befinden sich CDU und FDP inzwischen in harmonisch-linksliberaler Deckung.
Nur in der Frage von Steuern, Wirtschaft und Freiheitsrechten ist die FDP ein idealer Folterknopf für bürgerliche Wähler. Und deshalb wird er jetzt verstärkt gedrückt. Ob neue Wählerschichten zu einem rechteren Profil der FDP führen? Man darf es bezweifeln.
JF 37/09
Aktuelle JF-Umfrage: Ist die FDP eine Alternative für konservative Wähler?