BERLIN. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat eine zehnköpfige Fachgruppe gegen Judenfeindlichkeit einberufen. Damit hat er eine Forderung des Bundestages vom vergangenen Jahr umgesetzt, einen regelmäßigen Expertenbericht zur Entwicklung des Antisemitismus in Deutschland vorzulegen.
Zuvor gab es um die Besetzung des Gremiums erheblichen Streit. Christdemokraten verlangten beispielsweise als Vorsitzenden den bekannten Publizisten Henryk M. Broder zu berufen. Dieser findet sich nun noch nicht einmal auf der Liste, dagegen die Historikerin Juliane Wetzel vom „Zentrum für Antisemitismusforschung“ (ZfA).
Das ZfA erregte vergangenes Jahr durch die Konferenz „Feindbild Muslim – Feindbild Jude“ großes Aufsehen, in der dem „Verhältnis von Antisemitismus und Islamfeindlichkeit“ nachgegangen werden sollte. Auch von jüdischer Seite wurde die Konferenz teilweise scharf kritisiert, da hier die Verfolgung der Juden im Nationalsozialismus mit heutiger Islamkritik verglichen wurde.
Muslimischer Antisemitismus unerwünschtes Thema
Eine politische Ausrichtung des ZfA, welche Wetzel gegenüber der taz auch für die Expertenrunde bestätigte. Es gehe in dem Gremium „vor allem darum, Judenfeindlichkeit nicht zum Problem muslimischer Mitbürger zu machen“, erläuterte sie ihr Anliegen. Die „größte Gefahr“ gehe „immer noch von Rechtsextremen“ aus, obwohl „15 bis 20 Prozent der Mehrheitsgesellschaft“ antisemitische Einstellungen aufzeigen würde, hieß es in der Zeitung.
Eine andere Sichtweise hat der Leiter der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus, Aycan Demirel. Nach Terroranschlägen auf Synagogen in Istanbul vor sechs Jahren hatte sich die Initiative „als Reaktion auf den zunehmenden Antisemitismus im unmittelbaren Umfeld“ gegründet. Der Berliner Stadtteil hat einen hohen Anteil muslimischer Einwanderer.
Die konstituierende Sitzung des Gremiums wird am 9. September stattfinden. (FA)