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Eine Armee, die keine sein soll

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Eine Armee, die keine sein soll

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Obwohl (oder vielleicht gerade weil) ich Männer in Uniform außerordentlich attraktiv finde und wahrscheinlich zu den letzten in diesem Land gehöre, die glauben, die Armee mache aus einem Jungen einen Mann, halte ich von der heutigen Bundeswehr recht wenig.

Die deutschen Soldaten tun mir eigentlich nur noch leid. Denn sie sollen gleichzeitig soldatisch und zivil wirken, Befehle befolgen, sie aber auch in Frage stellen, humanitäre Arbeit leisten, aber in Wirklichkeit in einen Krieg ziehen und im Ernstfall mit dem Leben dafür bezahlen. Geehrt werden sie dafür nicht. Eher bekommen sie nach der Heimkehr noch eins vom Staatsanwalt drauf oder werden von der Gesellschaft als Mörder beschimpft.

Am vergangenen Montag fand zum zweiten Mal ein „öffentliches“ Gelöbnis vor dem Reichstag statt. Nun, wirklich öffentlich war das Ereignis nicht, denn das Gelände mußte weiträumig abgesperrt werden. Und zwar, weil das festliche Ereignis in seiner Würde sonst von linken Krawallmachern gestört worden wäre.

„Willenloser Kadavergehorsam”

Doch auch mehrere hundert Meter Abstand zur Gegendemonstration waren nicht genug: Die  jungen Männer, die sich trotz gesellschaftlichen Drucks für die Bundeswehr entschieden haben, mußten die „Soldaten sind Mörder!“-Rufe über sich ergehen lassen. Und das, während sie gelobten, im Notfall dieses Land samt seiner Störenfriede zu verteidigen.  

Auch die Kanzlerin war bei dem Gelöbnis. Vielleicht um ein positives Zeichen gegenüber der Bundeswehr zu setzen und zu sagen, daß sich die Gesellschaft nun ein wenig mehr hinter den Soldaten stellen sollte, hätte man denken können.  

Doch in ihrer Rede lobte Merkel eine „lebendige Bundeswehr, eine mit Geist statt mit willenlosem Kadavergehorsam erfüllte Armee“. Man fragt sich, was ein solcher Satz bei einem solchen Anlaß zu suchen hat. Und was wollte die Kanzlerin damit überhaupt sagen?

Daß die Soldaten der Bundeswehr nicht einfach blind Befehle gehorchen, sondern einen eigenen Willen haben? Daß sie dazu verpflichtet sind, alles in Frage zu stellen, weil sie als Bundeswehr in der Tradition der Attentäter des 20. Juli stehen?  

Befehle müssen auch befolgt werden

Quatsch! In einer Armee müssen Befehle (zumindest ihrem Auftrag nach) auch in den schwierigsten Situationen befolgt und eben nicht in Frage gestellt werden. Sonst kann eine Armee nicht funktionieren. Das hat mit „Kadavergehorsam“ nichts zu tun.

Und später, nach dem Gelöbnis, was ist dann? Da werden sich einige Soldaten für den Einsatz in Afghanistan entscheiden – und dabei in ein kompliziertes Dilemma geraten: Denn dann kämpfen sie in einem Krieg, den es offiziell gar nicht gibt. Schließlich handelt es sich am Hindukusch ja nur um einen humanitären Einsatz.

Was für die Politik der bequemere Weg ist, bezahlen die Soldaten im Ernstfall mit ihrem Leben. Denn konkret und gesetzesgemäß bedeutet die Definition des Einsatzes, daß sie nur in Ausnahmefällen schießen dürfen. Nämlich dann, wenn sie absolut sicher sind, daß es sich um bewaffnete Gegner handelt und ihr eigenes Leben in Gefahr steht.

Schwierige Entscheidung

Das simple Problem dabei ist, die Selbstmordattentäter und Taliban-Kämpfer sind als Kombattanten gar nicht zu erkennen. Sie sind von der Zivilbevölkerung kaum zu unterscheiden.  

So stehen die deutschen Soldaten vor der Entscheidung, entweder das Feuer erst zu eröffnen, wenn sie einen Angreifer zweifelsfrei als einen solchen ausgemacht haben – und dafür eventuell im Sarg nach Deutschland zurückzukehren – oder aber ein Ermittlungsverfahren durch einen deutschen Staatsanwalt zu riskieren.

Mich würde es bei so etwas nicht wundern, wenn es unter diesen Umständen demnächst die ersten Afghanistan-Deserteure der Bundeswehr gibt. Aber halb so schlimm: Dem Respekt von Politik und Gesellschaft in der Heimat können sie sich ja sicher sein.

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