BERLIN. Die Union hat durch die Europawahl im Bundestag ihren Vorsprung auf die SPD verloren. Damit herrscht in der Großen Koalition ein parlamentarisches Patt. Hintergrund ist die Wahl des sächsischen Abgeordneten Peter Jahr ins Europaparlament.
Da die Regularien des EU-Parlaments eine Doppelmitgliedschaft ausschließen, muß Jahr sein Bundestagsmandat nach Auskunft des Europäischen Parlaments mit dessen konstituierender Sitzung am 14. Juli niederlegen. Da für den in seinem Wahlkreis Mittweida direkt gewählten Jahr kein anderer CDU-Politiker in den Bundestag nachrücken kann, wird die Union ab diesen Zeitpunkt nicht mehr über 223 Stimmen, sondern nur noch über 222 Stimmen verfügen. Genau so viele wie die SPD.
„Das spielt keine Rolle“
Damit verliert die Union ihren Führungsanspruch in der Großen Koalition. Nach der Bundestagswahl 2005 hatten CDU/CSU mit 35,2 Prozent knapp vor der SPD gelegen, die 34,2 Prozent der Stimmen erreicht hatte. Aus dem Vorsprung von damals noch 226 zu 222 Abgeordneten hatte die Union ihren Anspruch auf das Amt des Bundeskanzlers abgeleitet.
Doch daß der nun wenige Wochen vor der Bundestagswahl drohende Gleichstand tatsächlich noch Auswirkungen auf die Arbeit der Großen Koalition haben wird, ist eher unwahrscheinlich. Am 3. Juli verabschiedet sich das Parlament in die Sommerpause – und tritt an diesem Tag planmäßig das letzte Mal in dieser Legislaturperiode zusammen.
„Das spielt keine Rolle“, hieß es denn auch auf Nachfrage der JUNGEN FREIHEIT aus der SPD-Fraktion. Doch das durch die Europawahl gebeutelte SPD-Führungsduo Franz Müntefering und Frank-Walter Steinmeier dürfte sich darüber freuen, daß ihre Partei zumindest auf einem Gebiet auf „Augenhöhe“ mit der Union in den Wahlkampf zieht. Für die ein oder andere Pointe im Wahlkampf dürfte es allemal reichen. (ms)