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Uneingelöste Ansprüche

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Eckhard Henscheid hat die „Machtsphäre des Kitsches“ (Hermann Broch) einmal als „nicht eingelösten selbstauferlegten (Kunst-)Anspruch“, vor allem aber als „ein Zuviel an Material und wahlloser Materialverschweißelung, als Symbiose von allzu hoher Botschaft bei allzu flacher Form, nicht zuletzt einfach: als Mangel an Distinktion“ definiert. Um so mehr gelte dies bei „linkem, links beheimatetem Kitsch“, da dieser „sich dann noch leicht verdoppelt, wenn er vorgibt, auch noch die Interessen der Aufklärung und /oder gar die der Arbeiter zu vertreten —: ein doppelt uneingelöster Anspruch“. Mit solch doppelt uneingelöstem Anspruch hat man es bei Wolfgang Bittners epigrammatischen und von Kostas Koufogiorgos illustrierten Sprüchen zu tun. „Minima Politika“ nennt sich der schmale Band und weckt allein durch seinen Titel Assoziationen mit Adornos Hauptwerk „Minima Moralia“. Dem dient auch das berühmte, dem Buch vorangestellte „Es gibt kein richtiges Leben im falschen“-Zitat. Das war es dann aber schon mit den Ähnlichkeiten; was folgt, entspringt linker Gesinnung, die sich zu einem alles überwölbenden Kitsch aus Gutmenschentum, Kunstehrgeiz und Betroffenheitsengagement steigert. Wie immer geht es auch hier um den „Abbau demokratischer Rechte, soziale Kälte, Korruption in Wirtschaft und Politik, Einschränkung von Menschenrechten“ etc. Das hört sich dann unter der Überschrift „Rechtsblind“ so an: Neonazis marschieren durch die Stadt: / „Ausländer raus!“ / „Deutschland den Deutschen!“ / Die Polizei verhaftet / Gegendemonstranten / Verfassungsschutz und Nachrichtendienst / überwachen die linke Szene. Dazu winkt ein Carl Schmitt verteufelt ähnlich aussehender Herr vor einer Falltür mit einer Handschelle. Wem dies an Wahnhaftigkeit nicht genügt, der lese den „Demonstrationsrecht“ genannten Text zum G8-Gipfel in Heiligendamm: „Linkes Gesocks“ angeblich / zusammengeschlagen und / 20 Stunden rechtswidrig / in einen Käfig gesperrt. / Sondereinsatzkommandos, / die Namensschilder überklebt. / Anwälte und Ärzte / werden abgewiesen, / herumgestoßen und beschimpft: / Freedom und Democrazy. / Die Richter folgen / den Anweisungen der Polizei. / Kampfflugzeuge in der Luft. Nein, linke Wortkunstvirtuosen lassen heutzutage wirklich nichts aus. Bemerkenswert daran ist nur, welche scham- und inhaltslosen Spruchbeuteleien inzwischen als „spitze Feder“ durchgehen. Wolfgang Bittner/Kostas Koufogior-gos: Minima Politika. Politische Texte und Karikaturen. Horlemann Verlag, Bad Honnef 2008, gebunden, 126 Seiten, 12,90 Euro

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