Die CSU hat trotz ihrer Wahlniederlage bislang keine personellen Konsequenzen gezogen. Die österreichische Schwesterpartei ÖVP, die fast auf bayerisches SPD-Niveau absackte, fackelte hingegen nicht lange: Wilhelm Molterer soll von Agrarminister Josef Pröll abgelöst werden. Molterer hatte zu hoch gepokert, als er die Große Koalition mit der SPÖ vorzeitig platzen ließ. Der ÖVP-Chef hatte auf den Kanzlersessel gehofft, mit einer geschwächten SPÖ als gedemütigtem Mehrheitsbeschaffer. Doch Umfragewerte und Zuspruch in sogenannten Leitmedien sind keine Wählerstimmen — das wußten Polit-Urgesteine wie Bruno Kreisky oder Volkstribune wie Franz Josef Strauß. Nun kommt es genau umgekehrt. Mit Pröll ist der Weg für eine erneuerte, aber geschrumpfte rot-schwarze Koalition vorgezeichnet — andere Farbspielereien sind allenfalls Wunschvorstellungen von Altkanzler Wolfgang Schüssel und dem international immer noch als Belzebub geltenden Jörg Haider. Die Partei der Jungwähler, die „Strache-FPÖ“, kann ihre Regierungsträume gelassen auf die nächsten Nationalratswahlen vertagen. Rot-Blau dürfte dann erstmals ernsthaft zur Debatte stehen, wenn SPÖ-Kanzler Werner Faymann erst einmal Geschmack am Amt gefunden hat. Zumindest von der Wählerschaft her passen er und HC Strache schon heute ganz gut zusammen.
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