Was Mäxchen nicht lernt, lernt Max nimmermehr. Dieses alte deutsche (und vor allem völlig zutreffende) Sprichwort scheint die Bundesregierung vergessen zu haben. Denn trotz negativer Erfahrungen plant die Große Koalition nach Angaben des SPD-Innenexperten Dieter Wiefelspütz erneute Zuwanderungserleichterungen für sogenannte Höchstqualifizierte. Erinnern wir uns: Als Zeichen „moderner Arbeitsmarktpolitik“ hatte die rot-grüne Bundesregierung auf Initiative von Bundeskanzler Gerhard
Schröder zum 1. August 2000 die sogenannte „Green Card“ eingeführt. Mit dieser ausdrücklich auch von der damaligen Oppositionsführerin Angela Merkel und dem Deutschen Gewerkschaftsbund unterstützten Regelung sollten höchstqualifizierte Computer-Fachleute nach Deutschland geholt und Engpässe auf diesem Gebiet überwunden werden. Denn nach Angaben des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien fehlten mehrere hunderttausend Mitarbeiter in der Informationstechnik, der Telekommunikation und dem „E-Business“. Doch wie titelte nur ein Jahr später die taz: „Die Green Card ist ein Flop“. Statt der erhofften sechsstelligen Anzahl kamen lediglich 5.600 ausländische IT-Experten nach Deutschland. Rot-Grün versuchte trotzdem, diesen Mißerfolg als Erfolg zu verkaufen: Denn schließlich hätten 15.000 Computerexperten aus mehr als einhundert Ländern nach einer Stelle angefragt. So hätte der seinerzeit hochskandalisierte Satz des heutigen nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten und damaligen CDU-Oppositionschef im Landtag von Nordrhein-Westphalen, Jürgen Rüttgers, „Kinder statt Inder“, wahrscheinlich mehr Erfolg versprochen. Und der gleiche Fehler soll jetzt anscheinend wiederholt werden. Zwar wiegelt das Bundesinnenministerium die Aussagen Wiefelspützs mit dem Hinweis ab, es müsse erst noch geprüft werden, welcher Sektor des Arbeitsmarktes tatsächlich Bedarf an Höchstqualifizierten habe und welchen Beitrag die Wirtschaft leisten müsse, um ihre Angebote attraktiver zu machen, aber dennoch werde das Ministerium auch „eigene empirische Untersuchungen“ starten. Sollten danach Defizite erkennbar sein, werde gehandelt. Wiefelspütz hält dagegen: Einzelheiten für eine erleichterte Zuwanderung Höchstqualifizierter sollen im September vorgelegt werden und die neuen Regeln zum 1. Januar 2007 in Kraft treten. Innerhalb der Großen Koalition sei man sich über die Grundsätze bereits einig. Der SPD-Politiker kritisierte die Einwanderungsregelungen für Hochqualifizierte als „zu ängstlich und zu bürokratisch“. So dürften sich diese nur dann dauerhaft in Deutschland aufhalten, wenn sie das Doppelte der Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung verdienen. Das entspricht 84.600 Euro im Jahr oder 7.030 Euro im Monat. Selbständige müssen zur Erlangung einer Aufenthaltserlaubnis mindestens eine Million Euro investieren und zehn Arbeitsplätze schaffen. Aufgrund dieser restriktiven Regelungen seien im vergangenen Jahr nur 900 Spitzenkräfte aus dem Ausland nach Deutschland gekommen, kritisierte Wiefelspütz in der Welt. Viel zu wenig angesichts der höheren Abwanderung aus Deutschland – im vergangenen Jahr kehrten 145.000 Deutsche ihrer Heimat den Rücken. Der SPD-Innenexperte betonte, daß diese Erleichterungen nur für Höchstqualifizierte gelten sollen, aber nicht für gut ausgebildete Handwerkermeister, Ingenieure oder Ärzte. Selbst wenn es auch hier Mängel gebe, müßte Deutschland diesen mit vermehrten Ausbildungs- und Qualifikationsanstrengungen selbst ausgleichen. Darüber hinaus kündigte das Bundesinnenministerium an, die Integrationskurse für Zuwanderer auf ihre Effizienz überprüfen zu lassen. Sobald in einigen Wochen der von einem externen Institut erstellte Überprüfungsbericht vorliege, werde über mögliche Nachbesserungen entschieden. So sollen die Integrationskurse neben der deutschen Sprache auch ein Grundwissen zur Rechtsordnung, Geschichte und Kultur Deutschlands vermitteln. Integrationskurse sollen ausgeweitet werden Seit Beginn der Kurse Anfang 2005 haben fast 170.000 Menschen daran teilgenommen, die meisten von ihnen stammten aus der Türkei und aus Rußland. Geplant ist nach Worten des zuständigen Berichterstatters der Union bei diesen Verhandlungen, Reinhard Grindel, die Aufstockung der Integrationskurse von 630 auf 900 Stunden. Außerdem soll das Entgelt für den Unterricht erhöht werden. Zwar sei es angesichts der leeren Kassen schwer, diese zusätzlichen Mittel aufzubringen, sagte der Vorsitzende der Gruppe der Vertriebenen, Flüchtlinge und Aussiedler
der CDU/CSU-Bundestagsfraktion,
Jochen-Konrad Fromme. Aber gerade bei der Integration sei dieses Geld gut angelegt, da „das Erlernen der deutsche Sprache der Schlüssel zu einer erfolgreichen Integration“ sei und sich „gesamtgesellschaftlich auszahlt“. Wichtig sei dabei vor allem, daß „nicht allein der Stundenumfang erhöht wird, sondern daß beim Angebot insgesamt wieder eine größere Vielfalt ermöglicht und damit zielgenau angeboten wird“. Manchen Politikern geht dieser geplante Ausbau aber noch nicht weit genug. So bezeichnete die Sprecherin für Integration und Migration der FDP-Bundestagsfraktion, Sibylle Laurisck, die vorgesehenen Änderungen als „Trippelschritte, wo große Schritte nötig wären“. So würden 900 Stunden nicht ausreichen, vielmehr seien 1.200 Stunden notwendig. Die vorgesehene bessere Vergütung für die Kursanbieter sei zwar positiv, aber zu wenig. So müßten „kleinere Klassen, bessere Lehrerfortbildung und insbesondere eine Verringerung der Verwaltungsaufgaben für die Kursträger Ziele einer Novellierung sein“. Richtiger wäre vielleicht, über den Sinn der Integrationskurse nachzudenken, denn laut Grindel erreichen nur wenige Zuwanderer das angestrebte Sprachniveau: „Nur die Minderheit, nämlich weniger als ein Drittel, besteht die Tests.“ Deshalb lehnt Grindel einen Pflichttest am Ende der Kurse ab. Da stellt sich dann die Frage, ob es nicht besser wäre, eine Regelung zu schaffen, wonach die Kursteilnehmer die Kursgebühr aus eigener Tasche zahlen müssen, wenn sie den Test nicht bestehen. Denn Geld herauszuwerfen, wenn „nur wenige Zuwanderer“ das angestrebte Ziel erreichen, kann ja nun auch beim allergrößten Verständnis nicht Sinn der Sache sein.