Ein schleswig-holsteinisches Haus der Geschichte gibt es vorerst nicht. Nachdem 2002 zwischen den Advokaten Kiels und Schleswigs bereits der Streit um den Standort entbrannt war, setzten die maroden Finanzen des Landes allen Planungen ein Ende. Im Sammelband „Geschichtsbewußtsein und Geschichtsmythen nördlich der Elbe“, ediert von der Flensburger „Geschlechterforscherin“ Bea Lundt, trägt Jan Rüdiger eine Kritik vor, die dieses vom Schuldenstand diktierte Moratorium als Glücksfall erscheinen läßt. Der Berliner Mediävist argumentiert dabei gegen das Museums-Konzept des Schleswiger Instituts für regionale Zeitgeschichte unter Federführung Uwe Dankers. Danker, Ex-Pressesprecher der sozialdemokratischen Landtagsfraktion und durch bundesweites Aufsehen erregende Genossen-„Kungelei“ ohne Habilitation auf den Direktorenposten in der Schleistadt befördert, legte ein altbackenes Papier vor, wonach das Haus der Geschichte seinen Besuchern „Schleswig-Holsteins Weg in die Moderne“ zeigen sollte. Rüdiger zufolge verkürze er so Landesgeschichte auf das 19. /20. Jahrhundert. Die „vordeutsche Geschichte“ der Herzogtümer falle ausgerechnet beim extrem anti-nationalen Eiferer Danker unter den Tisch. Ebenso würden damit „denkbare alternative Wege ausgeblendet“ – gerade in Hinblick auf ein so „tragendes Thema“ des Politpädagogen wie die „Demokratisierung“. Dieses mehr staatsbürgerkundlich als historiogra- phisch motivierte Konzept passe bestens zu den seit 1997 gültigen rot-grünen Lehrplänen für den Geschichtsunterricht. Landeshistorische Themen sind darin unverbindlich, werden nur „vorgeschlagen“. Regionalgeschichte sei ohnehin nur „Anschauungsfeld“ nationaler Geschichte, diese wiederum Unterfall der am Modell der „Moderne“ ausgerichteten „Gesellschaftsgeschichte“. Rüdigers Analyse ist mit Abstand der beste Beitrag dieses Bandes, der sonst viel Volkspädagogik im Stile Dankers bietet, so etwa die Aufsätze über den „Mythos Dönitz“ oder das Marineehrenmal in Laboe. Bea Lundt (Hrsg.): Nordlichter. Geschichtsbewußtsein und Geschichtsmythen nördlich der Elbe. Böhlau Verlag, Köln 2004, 463 Seiten, Abbildungen, 34,90 Euro