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Eine angenehme Überraschung der Expo 2000 ist die Erkenntnis gewesen, daß die Musiker von Kraftwerk weiterhin unter uns weilen. Was sie seinerzeit ins Werk setzten, war zwar nicht innovativ, aber immerhin bewährt. „Mensch, Natur, Technik“, der Allerweltsclaim der Prestigeschau, bot vielleicht tatsächlich nur die Inspiration für eine Musik, die so klang, als wären fast vergessene Pop-Rentiers aus irgendwelchen Domizilen auf Inseln des Südens, auf denen sie die Erträge ihrer Kapitalanlagen verzehrten, abberufen worden, um an der kurzen Leine beamteter Kunstabnahmegremien die Gemütsverfassung des zukunftsorientierten Mediandeutschen, wie man ihn gerne hätte, zu orchestrieren. Leider ist Kraftwerk die in diesem Sinne erfolgreiche Auftragsarbeit nur pekuniär gedankt worden. Die Expo-Gewaltigen und eine auf gute Laune setzende Öffentlichkeit bewiesen letztendlich doch bloß Schrödergeschmack. Alles endete dort, wo die Toleranz gegenüber den Musikvorlieben der Mitmenschen aufhören sollte: bei den Scorpions. Es ist für die Pophistorie erfreulich, daß dies nicht das letzte Kapitel gewesen ist, das Kraftwerk in ihr geschrieben hat. Insofern könnte man der nun überraschend erschienenen CD „Tour de France“ (EMI) per se vieles verzeihen. Das muß man aber gar nicht. Das Lebensprojekt, mit Robotermusik in Ehren alt zu werden, nähert sich seiner Vollendung. Die Attitüde, noch irgend etwas Neues bieten zu wollen, ist abgelegt. Wenn man aus der Distanz auf die Anfänge von Kraftwerk zurückblickt, kann sich vielmehr sogar der Eindruck einstellen, daß schon damals als innovativ eigentlich nur das gelungene Experiment angesehen werden konnte, mit ungewöhnlichen Klangerzeugungsmitteln marktfähige Produkte zu erstellen. Der darüber hinausgehende Hype war einer Übersättigung durch die zeitgenössische, eine bloß noch stinklangweilige Lebensart zelebrierende Rockmusik geschuldet. Das futuristische Drumherum von Kraftwerk versprühte schon in den frühen 1970er Jahren allenfalls nostalgischen Charme. Der Blick richtete sich zurück auf die „Metropolis“-Ära und nicht nach vorn in die „Matrix“-Welt. Heute muß sich Kraftwerk keine Blöße mehr geben. Alle, Macher, Medien und Hörer, gehen professionell mit Musik um und haben keine Lust mehr, sich naiv und aufrichtig auf Manifeste und Selbstinszenierungen einzulassen. Auch ein paar Worte zu Tomte müssen sein. Nicht, weil diese Band wirklich jene Musik machte, die man ihr unterstellt, daß sie zum Beispiel den Ton der Zeit träfe, in Wort und Klang. Tomte ist ein Atavismus, wie er alle paar Jahre hochkommt in dem weiten Terrain zwischen Ton Steine Scherben, Stephan Sulke, Selig, Purple Schulz und Tocotronic. Irgendwann merken junge Leute, wie sie älter werden, und genießen es, daß sie auch schon eine kleine Spanne haben, auf die sie sentimental zurückschauen können. Dann werden sie richtig lebensklug, denken viel nach und unterhalten sich darüber mit ihren Freunden. Wenn ihnen dabei die Ideen ausgehen, vielleicht weil das eigene Leben doch noch nicht so viele Anregungen bietet, kann ihnen Tomte auf die Sprünge helfen – mit der neuen CD (man könnte den Titel fast für eine Udo-Jürgens-Zeile halten) „Hinter all diesen Fenstern“ (Grand Hotel van Cleef/Indigo). Tomte singt über alles, was es gibt, über Liebe, Leben, Tod und vieles mehr, das ganze verwoben mit lauter aufmerksamen Beobachtungen auch der kleinen Dinge des Alltags. Leider vermag der Sänger sich nur so zu artikulieren, daß das alles wie eine Masche klingt. Man möchte eigentlich nur nebenbei zuhören, zum Renommieren, wenn Besuch da ist, beim Kochen etwa. „Du hörst Tomte?“ – „Ja …“ – „Bist Du sensibel!“

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