Die Zusammenlegung der Landtagswahlen in ganz Deutschland an einem Wahltag gehört zu den zahlreichen überfälligen Reformen im Bereich unserer Parlamente. Der Einwand, dies sei infolge der Verfassungslage in den einzelnen Ländern nicht möglich, zieht nicht. Eine solche Reform liegt im Interesse aller Parteien, weshalb die Zweidrittelmehrheiten zur Änderung der Landesverfassungen ohne weiteres möglich sind. Um zu einem gemeinsamen Wahldatum zu gelangen, wäre es notwendig, einmalig in einer Reihe von Bundesländern die Legislaturperiode bis zu dem gemeinsam festgelegten Wahldatum zu verlängern. Eine einmalige Verkürzung der Legislaturperiode für eine Reihe von Ländern wäre nicht anzuraten, da zahlreiche Abgeordnete Schwierigkeiten damit bekämen, die zeitlichen Grundlagen für ihre Pensionsansprüche zu schaffen. Das würde die Findung einer Zweidrittelmehrheit zur Veränderung von Landesverfassungen bzw.
-satzungen außerordentlich erschweren. Die Vorteile einer solchen Maßnahme können kaum bestritten werden: Erstens wäre der für die Spitzenpolitiker aller Parteien typische Dauerwahlkampf erheblich reduziert. Dieser Dauerwahlkampf verschleißt die führenden Kräfte nicht nur, sondern hindert sie in hohem Maße daran, sich auf ihre gestalterischen politischen Aufgaben zu konzentrieren. Zweitens ist das Argument noch bedeutender, daß Regierungsparteien mit der ständigen Rücksicht auf die nächsten Landtagswahlen überfällige, insbesondere unpopuläre Entscheidungen immer wieder vor sich herschieben. Dies ist einer von mehreren Gründen für den Reformstau in Deutschland. Gerade in unseren Tagen ist dieser Mißstand erneut besonders deutlich. Aus Angst vor schlechten Landtagswahlergebnissen in Hessen und Niedersachsen scheut sich die rot-grüne Bundesregierung selbst dort, wo sie die Notwendigkeit von Reformen erkannt hat, die Karten offen auf den Tisch zu legen. Uwe Greve ist Mitglied der CDU-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag. Alle Landtagswahlen an einem Tag erledigen – angeblich soll dies die Bundespolitik zu ruhiger, von Wahlen ungestörter Arbeit kommen lassen und ihre Leistungsfähigkeit verbessern. Tatsächlich würden die Landtagswahlen damit zu einer „Bundesratswahl“ degenerieren. Der Wahlkampf fände in überregionalen Medien statt, mit viel bundespolitischer Prominenz und bundespolitischen Themen. Dramatisch verlöre Landespolitik an eigenständiger Legitimation. Gewiß, Hessen und Niedersachsen stünden dann nicht schon wieder vor der Tür. Um so länger aber würde eine Bundesratswahl ihre Schatten voraus werfen. Und der Effekt, daß Enttäuschungen die im Bund Regierenden bei Landtagswahlen schlecht abschneiden lassen, würde noch verstärkt und damit die Wahrscheinlichkeit divergierender Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat – ähnlich dem midterm-Effekt in den USA. Ergebnis: Kompromißzwänge und schwache Handlungsfähigkeit blieben infolge der ungewöhnlich starken Stellung des Bundesrats unvermindert. Sicher, dem ließe sich mit weiterer Gleichschaltung entgehen: mit Landtags- wie Bundestagswahlen zum gleichen Termin. Eine demokratisch wie föderal unglückselige Lösung! Wäre es demgegenüber nicht sinnvoller, die Vetorechte des Bundesrates etwas zurückzuschneiden und damit das zugrunde liegende Problem anzugehen? In dem Maße, in dem Zuständigkeitsverflechtungen zwischen Bund und Ländern abgebaut werden, verbessern sich die Chancen hierfür. Und eine Opposition mit (sicherer?) Bundesratsmehrheit verlöre nur ein Danaergeschenk, das sie immer wieder vor die Entscheidung zwischen diskreditierender Blockadepolitik und konturverwischendem Kompromiß zwingt. Prof. Dr. Wolfgang Rudzio war Politikwissenschaftler der Oldenburger Universität. Er ist Autor des Buches „Das Politische System der Bundesrepublik Deutschland“.