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Das öffentliche Rechtsempfinden

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Weihnachts-Abo, Weihnachtsbaum, Zeitungen

Die Mehrzahl der MDR-Zuschauer will keine ehemaligen Stasi-Spitzel als Moderatoren auf der Mattscheibe sehen. Da mag Oliver Nix noch so nett lächeln und Frank Liehr noch so charmant verkuppeln, sie haben wie eine ganze Anzahl ihrer Kollegen Bildschirm- und Mikrofonverbot. Vorläufiges. Die gegen sie öffentlich gewordenen Stasi-Vorwürfe müssen geklärt werden. Seit die Einschaltquote des erfolgreichsten unter den dritten Programmen in Gefahr ist, rudert Intendant Udo Reiter verzweifelt zurück: Man werde keinen Schlußstrich ziehen, sondern die Vergangenheit aufarbeiten, versicherte er vor laufenden Kameras. Jeder feste, aber auch die bisher nicht „gegauckten“ festen freien Mitarbeiter des Senders würden auf eine eventuelle Verstrickung mit dem Ministerium für Staatssicherheit überprüft. Es geht um den Ruf der Dreiländeranstalt Mitteldeutscher Rundfunk (MDR). Nach den zahlreichen Stasi-Enthüllungen der vergangenen Wochen ist es um diesen schlecht bestellt. Vor allem mit der Enttarnung des beliebten Moderators Frank Liehr als früheren Stasi-Spitzel hat das MDR-Desaster den Sender auch im Westen in Mißkredit gebracht. Denn in der von Liehr moderierten Partnersuch-Sendung „Je t’aime – wer mit wem?“ haben auch viele Altbundesbürger nach einem neuen Liebesglück gesucht. Nun mußten sie aus den Zeitungen entnehmen, daß sie ihre geheimsten Wünsche einem vom Mielke-Ministerium geschulten Kader anvertraut hatten. Liehr setzte dem ganzen selbst das I-Pünktchen auf: Noch Ende Februar verlas er mit salbungsvoller Stimme das Stasi-Geständnis seines MDR-Kollegen Oliver Nix („Hier ab vier“) und kommentierte es mit den Worten: „Das Thema Stasi und MDR werden wir heute nicht zu den Akten legen können.“ Kurz darauf traf der Schatten der Stasi-Vergangenheit die sächsischen Bergsteiger. Auch Horst Mempel, der das Magazin „Biwak“ gestaltet, soll nach Berichten der Mitteldeutschen Zeitung jahrelang als IM „Brien“ über das Intimleben und die politischen Aussagen von Kollegen berichtet haben. Diese Häufung von Stasi-Vorfällen beim MDR, vor allem aber das rege Interesse der Öffentlichkeit, hat bei Intendant Reiter zum Umdenken geführt. Immerhin plädiert selbst nach im Auftrag des MDR erfolgten Umfragen mehr als die Hälfte der Befragten für eine Überprüfung von Medienmitarbeitern auf eine eventuelle frühere Zusammenarbeit mit dem MfS. Für eine Einzelfallprüfung im Bereich der öffentlich-rechtlichen Sender sprachen sich 78 Prozent aus. War Anfang Februar noch von „scheinbar neu entdeckten IMs im Sender“ die Rede, beklagt Reiter nun, von dem Stasi-Problem erst „aus der Zeitung erfahren“ zu haben. Man kenne die Unterlagen nicht und habe erst jetzt Eilanträge gestellt. Warum der MDR nicht einmal die das Programm prägenden festen Freien überprüfen lassen hat, vermag der Intendant nicht zu beantworten. So muß er sich auch den Vorwurf Joachim Gaucks gefallen lassen, der MDR habe „sich dahin tragen lassen“, Anträge zu stellen. Erst die sich gegen den Sender richtende öffentliche Meinung führt zum Sinneswandel. Daß er auch enttarnte Spitzel aus arbeitsrechtlichen Gründen nicht einfach auf die Straße setzen kann, ist Reiter seit Jahren klar. Hatte er es aber noch im Februar als „verhängnisvollen Fehler“ bezeichnet, „wenn man anfängt, diese Diskussion allein unter moralischen Kategorien zu führen“, will er nun „genau überlegen, wer welche Position bekleidet, auch wenn er im Haus bleibt“. Es gebe noch Spielräume, bekennt der Intendant. Ein Stasi-Zuträger müsse nicht auf dem Bildschirme zu sehen sein oder hinter dem Mikrophon stehen: „Wenn ich das Gefühl habe, daß die Glaubwürdigkeit des Senders Schaden erleidet, werde ich strenger und kritischer hinschauen als in der Vergangenheit.“ Dabei könnte er sich vom sächsischen Innenministerium beraten lassen, das Hunderte Mitarbeiter allein der mit der Stasi eng involvierten Abteilung K1 der DDR-Kripo im Polizeidienst des Freistaates verbeamtete. Übrigens räumte Reiter inzwischen auch ein, was allein ihn zum Meinungswechsel brachte: der Eindruck der öffentlichen Diskussion.

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