BERLIN. In seiner Zeit als Oppositionsführer ließ Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) mehrere tausend Bürger wegen angeblicher Politikerbeleidigung über die private Abmahnfirma „So done“ anzeigen. 4.999 dadurch erfolgte Strafanträge hatte er eigenhändig unterschrieben, berichtet die Welt am Sonntag (WamS).
Demnach hatte das Unternehmen der Ex-Bundeschefin der Julis, Franziska Brandmann (FDP), die Hälfte der dadurch eingetriebenen Schadensersatzzahlungen behalten. Dies steht im Widerspruch zu den bisherigen Aussagen von Merz, wonach er die Zahlungen in voller Höhe für soziale Zwecke in seinem Heimatlandkreis spende.
Auch gab die WamS bisher unbekannte Hausdurchsuchungsfälle bekannt, die auf Strafanträge des CDU-Chefs folgten. In einem Fall hatte die Polizei das Mobiltelefon einer behinderten Sozialleistungsempfängerin beschlagnahmt, nachdem sie Merz als „kleinen Nazi“ bezeichnet hatte.
Eine Hausdurchsuchung nach Merz’ Anzeige war rechtswidrig
Bereits im November vergangenen Jahres war bekannt worden, daß Merz Sammelanträge gegen seine Kritiker im Netz wegen Politikerbeleidigung unterschrieben hatte (die JF berichtete). In einem Fall ordnete das Amtsgericht Stuttgart eine Hausdurchsuchung gegen einen Mann an, der Merz auf dem Kurznachrichtendienst X als „Suffkopf“ bezeichnet hatte. Das Landgericht Stuttgart erklärte diese später für rechtswidrig.
Die Rechtsgrundlage für die meisten Anzeigen bildet vor allem Paragraph 188 des Strafgesetzbuchs, worunter „Beleidigung, übler Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens“ fällt. Die schwarz-rote Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte ihn 2021 verschärft, um nach eigenen Angaben „gezielte Diffamierungen“ gegen politisch aktive Personen härter zu ahnden.
Nach einer Hausdurchsuchung gegen einen Rentner, der im November 2024 den damaligen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) als „Schwachkopf“ bezeichnet hatte, kritisierten mehrere Politiker des Paragraphen. Die AfD und die FDP fordern dessen Abschaffung. Gleichwohl vertrat „So done“ der ehemaligen FDP-Jugendchefin Brandmann mehrere Politiker der Partei, darunter EU-Abgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann. (kuk)





