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„Good morning, Germanistan“: Wie Broder und Mohr der Hysterie entgegentreten wollen

„Good morning, Germanistan“: Wie Broder und Mohr der Hysterie entgegentreten wollen

„Good morning, Germanistan“: Wie Broder und Mohr der Hysterie entgegentreten wollen

Welt-Autoren Henryk Broder und Reinhard Mohr in der Bibliothek des Konservatismus. Foto: BdK
Welt-Autoren Henryk Broder und Reinhard Mohr in der Bibliothek des Konservatismus. Foto: BdK
Publizisten Henryk Broder und Reinhard Mohr in der Bibliothek des Konservatismus. Foto: BdK
„Good morning, Germanistan“
 

Wie Broder und Mohr der Hysterie entgegentreten wollen

Ob Stadtbilder oder Brandmauern: In der Bibliothek des Konservatismus rechnen die Welt-Publizisten Henryk Broder und Reinhard Mohr einmal mehr mit dem realitätsfernen Irrsinn der Republik ab.
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Jedes erfolgreiche Werk braucht ein Sequel – so die ungeschriebene Regel der Unterhaltungsbranche. Sie gilt wohl auch für die beiden Bestsellerautoren Henryk Broder und Reinhard Mohr. Schon zum zweiten Mal laden die Welt-Autoren am Mittwoch abend zu einer Buchvorstellung in die Berliner Bibliothek des Konservatismus (BdK) ein.

Anfang vergangenen Jahres spotteten sie im „Durchs irre Germanistan“ über die Ampel-Koalition (JF berichtete). Nun, unter Schwarz-Rot, kommt die Fortführung, „Good Morning, Germanistan!“ Knapp 130 Zuschauer füllen den Saal. Und bekommen eine zweistündige Generalabrechnung mit einem „hysterischen“ Land, die das neue Buch beinahe an den Rand der Veranstaltung verdrängt.

„Wir haben dieses im April beendet“, betont Mohr zu Beginn. „Man muß es eben drucken.“ Im Raum herrscht Enge, die Luft wird stickig. Die Zuschauer quetschen sich auf den Stühlen. Als Mohr den Auszug über Meldestellen für „Antifeminismus“ und „antimuslimischen Rassismus“ vorliest, kollabiert eine ältere braunhaarige Dame. Mehrere Zuschauer eilen ihr prompt zu Hilfe und öffnen die Fenster.

„Die Realität spielt immer weniger eine Rolle“

Nach wenigen Minuten geht es weiter. Die Welt-Publizisten zeigen dabei auf, wie viel sich geändert hat, damit das „Theater des Absurden“ weitergeht. Von unzähligen Ernährungstipps bis hin zur üblichen Empörung sind nahezu alle Themen abgedeckt. Und doch haben sie etwas gemeinsam.

„Die Realität spielt immer weniger eine Rolle“, mahnt Mohr angesichts der Migrationsdebatte um die „Stadtbild“-Äußerungen des CDU-Kanzlers Friedrich Merz. „So irre ist diese Hysterie, die ausbricht, daß alle meinen, man würde jetzt hier die nächsten Deportationszüge auf die Schienen legen, alle würden diskriminiert.“ Dabei wisse jeder, was Merz gemeint habe. Jeder gutwillige Mensch in Deutschland sehe das an den Bahnhöfen oder in den Fußgängerzonen. „Und auf den Weihnachtsmärkten“, fügt Broder hinzu.

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Broder gibt sich pessimistischer als bisher

Mohr fährt mit einem Text aus seiner einstigen Zeitschrift, dem Spiegel, fort. So habe eine Autorin geschrieben, Migration sei nicht das Problem, sondern Armut. Daß es Armutsmigration gebe, komme bei ihr überhaupt nicht vor. „Und es kommt auch nicht vor, daß völlig klar ist, daß Facharbeitereinwanderung was komplett anderes ist, als was wir jetzt haben.“ Der gebürtige Frankfurter erinnert sich, wie die Integration der Gastarbeiter in seiner Geburtsstadt lief. „Inzwischen sprechen Italiener in Frankfurt besser Hessisch als ich“, scherzt er.

Das Thema sei nicht gewesen, alle zu versorgen. Auch habe Mohr nie „Riesenkonflikte“ zwischen Nichtdeutschen oder Deutschen erlebt, was aber nicht zur Kenntnis genommen werden solle. „Es ist ungeheuer schwer, mit dieser SPD, mit der Linksfraktion im Bundestag, mit dieser Medienlandschaft, die wir haben, Sachen auszusprechen und durchzusetzen“, faßt er die Debatte zusammen.

Broder sekundiert. „Ich bin nur noch viel pessimistischer, weil ich glaube, daß bestimmte Vorgänge irreversibel sind.“ Stimmung, die ihm auch dann zu entnehmen ist, wenn er nicht spricht. Dominierte er die Buchvorstellung zuvor, gibt er sich nun etwas zurückhaltender und ernster als üblich. Bisweilen auch nostalgisch.

Bei der Parole „Alles abschaffen“ lacht der Saal

„Ich vermisse Lisa Paus“, sagt Broder über die ehemalige Bundesfamilienministerin und bringt die Anwesenden zum Lachen. „Ich vermisse sie wirklich! Sie hat mit dieser stoischen Ruhe ihre Sätze heruntergeleiert.“ Etwa zum Selbstbestimmungsgesetz, welches einen Platz in der „Gesamtgeschichte der Idiotie des 21. Jahrhunderts“ finden solle, falls diese geschrieben werde. „Nun stehen wir sprachlos, stumm und ergriffen vor jedem Mann, der eine Straftat begangen hat und darauf besteht, in den Frauenteil des Gefängnisses eingeliefert zu werden.“

Dabei erinnert er an einen medienwirksamen Fall. „Er nannte sich, glaube ich, Mathilde oder Hannelore, Franz-Josef, Heinz, Martin oder so ähnlich.“ Für das Publikum eine klare Sache: Gemeint war der wegen Volksverhetzung verurteilte Sven Liebich, der sich inzwischen Marla-Svenja nennt (JF berichtete). „Der Mann klingt verrückt, ist er aber nicht. Verrückt war der Prozeß dieser Gesetzgebung.“

Für verrückt hält Broder auch das jüngst in einem Volksentscheid durchgesetzte Vorhaben, Hamburg bis 2040 „klimaneutral“ zu machen. „Ich habe einen Logopäden und übe mit dem Wort ‘klimaneutral’, aber ich kriege es immer noch nicht raus.“ Schonungslos zählt er die möglichen Folgen auf: Der Hafen werde schließen, der Flughafen, die Raffinerien, die Fabriken, die großen Gewerbebetriebe. „In Berlin habe ich vor zwei Tagen eine Parole in Kreuzberg gesehen, das paßt dazu: ‘Alles abschaffen.’“ Wieder Gelächter im Raum.

„Ich denke, daß diese Gesellschaft hysterisch ist“

Bleibt nur die Frage, ob alles irgendwann besser wird. Paßt ja zum Untertitel von „Good Morning, Germanistan!“ Broder beklagt aber, man könne inzwischen nur noch Schadensbegrenzung betreiben, etwa in der Energiepolitik. In einem Auszug rechnet er zudem insbesondere mit einem Begriff ab: „‘Unsere Demokratie’ grenzt aus.“ Der Ausdruck habe „einen schwer exklusiven Unterton“, der an „unsere Kreise“ des alten, auf Abstand zu niederen Schichten achtenden Bürgertums erinnere.„Die Brandmauer sorgt dafür, daß die Union gezwungen ist, mit linken Parteien zusammenzuarbeiten“, ergänzt Mohr. „Und gleichzeitig machen diese Propaganda gegen Merz, gegen die Union, so daß er Feuer von zwei Seiten bekommt.“ Doch wäre eine von der AfD geduldete Minderheitsregierung ein Ausweg? „Merz hat schon jetzt in der eigenen Partei nicht die hundertprozentige Sicherheit, daß die hinter ihm stehen. Das wäre in so einem Fall eben noch prekärer.“

Apropos AfD. Vor wenigen Jahren hatte ein Foto, auf dem Parteichefin Alice Weidel Broder nach seinem Vortrag bei der Bundestagsfraktion umarmt, für Empörung gesorgt. Dieser bat daraufhin um Entschuldigung. „Ich fand das nicht so besonders schlimm. Aber seitdem läuft die Zeile durch die Medien: ‘Broder kuschelt mit Faschisten.’“ Auch von Freunden und Bekannten habe er einen „gewissen hysterischen Zwischenlauf“ abbekommen, der ihn selbst überrascht habe. „Deswegen denke ich seitdem, daß diese Gesellschaft hysterisch ist.“

Publizisten Henryk Broder und Reinhard Mohr in der Bibliothek des Konservatismus. Foto: BdK
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