STEINHÖFEL. Die beiden Gemeindevertreter Bettina Lehmann (Linke) und Matthias Natusch (AfD) haben im ostbrandenburgischen Steinhöfel (Landkreis Oder-Spree) eine gemeinsame Fraktion gegründet. Das Duo nennt sich nun „Vernunft und Verantwortung“ und hat deutlich mehr Rechte als zuvor als jeweils fraktionslose Gemeindevertreter.
„Wir gründen uns, weil unsere gemeinsamen Schnittmengen zu deutlich sind, um sie durch künstliche Grenzen zu ignorieren“, heißt es in einer Stellungnahme, aus der die Märkische Oderzeitung zitiert. Gemeinsam wolle man die Herausforderungen des ländlichen Raums angehen: eine funktionierende Infrastruktur, eine lebendige Dorfgemeinschaft, eine verläßliche Daseinsvorsorge und die Wertschätzung des Ehrenamts. Gegen den Strich gebürstet heißt es: „Unser Ziel ist es, Brücken zu bauen, wo andere Brandmauern errichten.“
Außerdem habe man nun Zugang zu den Ausschüssen, den man zuvor als Fraktionslose nicht gehabt hätte. Lehmann hatte nicht auf der Liste der Linken, sondern als Einzelbewerberin kandidiert und sich auch nicht der gemeinsamen Fraktion von Aktiven Bürgern, SPD und Linken angeschlossen. Natusch ist der einzige AfD-Vertreter in der Gemeindevertretung Steinhöfel.
AfD-Bundestagsabgeordneter will Parteiausschluß
Doch nicht nur der Landesverband Brandenburg der Linken, sondern auch der der AfD besteht plötzlich auf der Brandmauer. Der Kreisvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Rainer Galla reagierte humorlos auf die Provinzposse: Er stelle „sehr deutlich fest“, daß er jede Form der Zusammenarbeit mit der Linken ablehne – „egal auf welcher politischen Ebene“. Die Partei sei die „Nachfolgeorganisation der SED, die an der Demarkationslinie zwischen Ost und West auf die eigenen deutschen Bürger schießen ließ“. Außerdem sei die Linke ein „sicherer Hafen für linke Extremisten, die außer mit Worten auch mit brutaler Gewalt gegen alles ‚Nicht linke‘ in unserem Land“ vorgehe.
Jede Zusammenarbeit mit der Linkspartei schließe sich aus: „Die Bürger wählen nicht AfD, um dann von Alt-SED-Kadern gegängelt zu werden.“ Er forderte den Gemeindevertreter Natusch auf, „entweder die neu gegründete Fraktion in der Gemeindevertretung Steinhöfel oder die Partei AfD sofort zu verlassen“. Gleichzeitig kündigte er an, mit dem Landesvorstand der AfD umgehend zu prüfen, „ob hier ausreichend Gründe für ein Parteiausschlußverfahren vorliegen“. Er werde „dieses Verfahren dann umgehend in Kraft setzen“.
Auch Linke will Konsequenzen
Nicht viel anders reagiert die brandenburgische Linkspartei. „Die Linke lehnt die Zusammenarbeit mit der als gesichert rechtsextrem eingestuften AfD entschieden ab“, erklärte Brandenburgs stellvertretender Landesvorsitzender Stephan Wende umgehend. Bettina Lehmann sei zur Kommunalwahl zwar als Einzelkandidatin angetreten, „ist aber auch bekannt als engagiertes Parteimitglied der Linken“.
Eine Fraktion mit Matthias Natusch von der AfD zu bilden, verbiete sich von selbst. Er forderte die Genossin auf, „diese Fraktion sofort wieder zu verlassen und ehrliche antifaschistische, antirassistische und sozial engagierte Kommunalpolitik für Steinhöfel zu machen“. Dies gehe „nicht Hand in Hand mit der AfD“, zitiert das ND (vormals Neues Deutschland) Wende.
Auch die Linke forderte ihr Parteimitglied auf, aus der Partei auszutreten: „Andernfalls wird ein Parteiausschlußverfahren angestrebt“, heißt es in einem Beschluß einer Gesamtmitgliederversammlung des Kreisverbands Oder-Spree. Im Vorfeld habe man Lehmann gewarnt, daß es keine Vereinbarkeit von „rechtsextremen und linken Positionen“ geben könne. (fh)